Age is in the air …

Age is in the air …

Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich in meinen noch unbedarften Teenagerjahren bei Geburtstagen, Silberhochzeiten, Beerdigungen und Co. im Kreise der teils bereits buckeligen Verwandtschaft saß, entsetzt ob derer klassischen Unterhaltungsmuster. Probleme mit der Prostata wahlweise dem Gebärmutterhals. Verstärkte Altersweitsichtigkeit sowie Sinn und Notwendigkeit einer Gleitsichtbrille. Ständige Scherereien mit dem Magen-Darm-Trakt inklusive ungesund wirkender Ausscheidungen. Regelmäßige, lautstarke Meldungen von Bandscheibe und Ischias. Stundenlang wurde über Krankenhausaufenthalte, Hausärzte und Krankenkassenabrechnungen lamentiert und beraten, so dass ich mir alsbald vorkam, als sei ich widerwillens zur Strafe für meine in diesem Moment mir durch den Kopf schießenden bösen Gedanken geradewegs ins Altersheim eingefahren … oder auch in die Hölle selbst – da besteht aber womöglich unterm Strich ohnehin kein beachtenswerter Unterschied mehr.

Es waren diese Gespräche, die mir den körperlichen Verfall der Menschen und damit das hohe Alter der mich Umgebenden auf solchen Feierlichkeiten vor Augen führten und in mir den Stachel der Erkenntnis pflanzten: Wenn du selbst einmal mit deinen Freunden solche Unterhaltungen führst, kannst du dich ohne Umschweife einäschern lassen. Und nun ist es also soweit. Erst kürzlich saßen wir in illustrer Runde beisammen. Frauen im vermeintlich besten Alter, doch sollte es mich nicht wundern, würde sich ein dieser Besetzung beigefügter Teenager fühlen wie ich seinerzeit.

Denke ich zurück an die Tage, in denen ich als Kind zu Oma und Opa musste und beim Eintreten in die Wohnung meinte, den Tod bereits im Flur riechen zu können; der Geruch von Kernseife und Rheumasalbe, Kohlrouladen und abgestandenem wie frischem Rauch von Opas massivem Roth Händle-Konsum verschlug mir da schnell den Atem. Seit ich uns an besagtem Abend selbst eine Weile beobachtet und zugehört habe, auch wir über diverse Wehwechen klagten und die Karte beim Bestellservice vor bisher nicht zugeben wollender Alterskurzsichtigkeit kaum lesen konnten, teste ich mich täglich selbst. Mehrfach verlasse ich die Wohnung, um beim Eintreten zu checken, ob etwas von der vorhin für das Zwicken im Rücken benutzten Schmerzsalbe oder dem Erkältungsbad von gestern Abend in der Luft hängt. Dabei habe ich übrigens schnell festgestellt, dass Lufterfrischer – egal ob in Dosen-, Kegel- oder Natursteinfakeform – keine adäquate Lösung des Problems darstellen.

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