Bio, mein Bio

Bio, mein Bio

Jahrelang bin ich Tag für Tag, Woche für Woche mit dem Wagen zur Arbeit gefahren. Anfänglich 40 Kilometer, später durch den Wechsel des Jobs 90 Kilometer, am Ende durch den Wechsel des Wohnorts 140. Das war weder besonders umwelt- noch nervenschonend, vom Kostenfaktor einmal ganz zu schweigen. Mein bester Freund war dann auch bald der Tankwart der Texaco kurz vor der Autobahn, und fast vermisse ich das mit einem freundlichen Lächeln überspielte Eurozeichen in seinen Augen, wenn ich jetzt am Morgen meine Wohnung verlasse und zu Fuß zur Arbeit gehe. Denn dank eines erneuten Jobwechsels bin ich in der glücklichen Lage, den Wagen stehen lassen zu können. Und doch gibt es immer wieder Momente, in denen ich nicht gänzlich auf das Auto verzichten kann, so gern ich es auch möchte. So zum Beispiel heute, habe ich doch einen Termin, von dem mich bis dato 70 Kilometer Autobahn sowie die Frage: „Was tanke ich denn nun?“ trennen.

Noch vor wenigen Monaten war es ganz einfach, kam doch nur das gute Super rein. Für 1,45 bis 1,51 Euro pro Liter blieb einem einfach keine andere Wahl. Nun aber beschäftig eine Diskussion die Öffentlichkeit, die ich aufgrund meiner neuen Situation nur am Rande verfolgt habe. E10 – was ohnehin klingt wie ein nicht ganz ungiftiger Lebensmittelzusatzstoff – soll nicht nur für einige Ottomotoren womöglich schädlich sein. Schädlich ist das Ganze jetzt auf jeden Fall schon mal für unser aller Nerven, aber auch ist die Herstellung des Biobenzins eventuell weit weniger Bio, als es zunächst scheint. Erinnert mich irgendwie an die Einführung von Energiesparlampen, die unterm Strich bei ihrer Entsorgung so viel Sondermüll verursachen, dass es doch fraglich ist, ob man langfristig mit dem guten, alten Glühfaden nicht doch besser bedient gewesen wäre. In Sachen netter Lichtatmosphäre schon mal ganz bestimmt, denn Romantik und Gemütlichkeit gehen mit Energiesparen einfach nicht zusammen.

Für heute bleibt mir zu hoffen, dass ich mit dem Rest Super bleifrei von einst in meinem Tank noch 140 Kilometer weit komme und die Diskussion um E10 für mich persönlich weiter vertagen oder auf eine Lösung von anderswo hoffen kann. Und nein, und die Deutsche Bahn ist KEINE Alternative für mich.

Was das Lichtproblem daheim angeht – ich war leider nicht schlau genug, rechtzeitig einen entsprechenden Vorrat an Oldschool-Glühbirnen anzulegen – bin ich auf die noch oldschooligeren Kerzen umgestiegen. Und bis ich endlich weiß, wo das alles hinführt, werden auch wieder Gen- statt Bio-Tomanten gekauft, und das nicht, weil es billiger ist, sondern aus stillem Protest.

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