Brasilianisches Opium fürs Volk

Brasilianisches Opium fürs Volk

Kaum gewinnt die deutsche Mannschaft das erste Spiel von möglichen sieben, verstummen auch die letzten Kritiker und lassen sich vom WM-Fieber anstecken. Die FIFA korrupt? Die Schiris gekauft? Brasilien arm, ausgebeutet und betrogen? Drei Milliarden für Stadien und Infrastruktur ausgegeben, während in den Favelas Hunger und Armut regieren? Außenspiegelpräservative eine Beleidigung fürs Auge? Who cares? Wichtig sind jetzt ganz andere Fakten: Ronaldo weint, Pepe prügelt, Jogi popelt und Müller trifft. Einschub 1: Gut, gegen Ghana gab es dann auch mal zwei Gegentreffer und ein läppisches Unentschieden, aber nicht wegen der Schwächen der DFB-Elf, sondern aufgrund der Stärken der Ghanaer.

Womöglich ist die Fußball-WM ja nichts weiter als ein gemeinschaftliches Ablenkungsmanöver der Regierungen aller teilnehmenden Länder, um die schlimmen Dinge, die gerade sonst so auf der Welt passieren, zu verschleiern.

Wenn König Fußball die Schlagzeilen regiert, finden der Russland-Ukraine-Konflikt und die ISIS-Terroristen in Bagdad medial und bei vielen Menschen mental nur noch unter ferner liefen statt. Sogar die Nachricht von Michael Schumachers Komaerwachen, auf das sich die Boulevard-Journaille und ihre gossipgeile Anhängerschaft zuvor wie die Geier gestürzt hätte, ist nicht mehr als eine Randnotiz. Einschub 2: Es sei denn, seine Krankenhausakte wird geklaut. Aber so was kann ja gottlob nicht passieren. Wo leben wir denn?

Opium fürs Volk in 64 x 90 Minuten plus Vor- und Nachberichterstattung. Stell dir vor, es ist Krieg und keiner kriegt es mit, weil sie alle jeden Tag von 17 bis 2 Uhr vor der Glotze hängen und auf eine sich mal mehr, mal weniger spannend von rechts nach links bewegende Lederkugel starren. Hypnose 2.0.

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