Beim Namen David Lynch leuchten die Augen vieler Cineasten. Seit den 1970er-Jahren ist der Mann aus Missoula, Montana als Regisseur für Filme der etwas anderen Art bekannt. Surreal, düster, mysteriös und rätselhaft gestalten sich seine Arbeiten. Sein filmisches Schaffen hat beinahe ausschließlich wahre Perlen der Underground-Filmgeschichte hervorgebracht, darunter „Eraserhead“, „Blue Velvet“, „Wild at Heart“, „Lost Highway“ und „Mullholland Drive“.
Mit der Serie „Twin Peaks“ setzte er Anfang der 90er-Jahre durch eine nebulöse Erzählweise und viele eigenwillige Charaktere auch im TV Akzente und untermauerte seinen Status als Kultregisseur. Sein letzter Film, „Inland Empire“, liegt nun schon sieben Jahre zurück und war eher ein Flop. Möglicherweise ist das einer der Gründe dafür, dass sich der heute 67-Jährige nun lieber seiner Karriere als Musiker widmet und dem Filmgeschäft scheinbar den Rücken gekehrt hat. Dabei waren Berührungspunkte zur Musikszene schon früh gegeben, verdingte sich Lynch doch immer wieder auch als Videoregisseur für Künstler wie Sparks (1982), Moby (2009), Interpol (2010) und gerade eben Nine Inch Nails.
Erstmalig selbst als Musiker in Erscheinung trat Lynch gemeinsam mit Jocelyn Montgomery, einer britischen Violinistin, die auch in der Dokumentation über Lynchs Kunst, „Pretty As A Picture“, zu sehen war. Das Album „Lux Vivens“ erschien 1998. Es gab einige weitere Releases, u.a. mit John Neff, Mark Zebrowski und Chrysta Bell, doch sein erstes richtiges Soloalbum veröffentlichte Lynch 2011 mit „Crazy Clown Time“ und wurde schon hierfür über den Klee gelobt. Nun gibt es mit „The Big Dream“ das Follow-Up, und das könnte erneut ebenso gut Soundtrack zu einem seiner Filme sein. Ein Mix aus Electronica und Blues, durchsetzt von Lynchs eigener Stimme, immerzu seltsam verfremdet. Das in Kombination ergibt eine atemberaubende Surrealität. Einsamkeit, Dunkelheit, Obsession und Melancholie sind die Eckpfeiler seiner Musik, und scheinbar die Themen seines Lebens.
Auch das mit Lykke Li aufgenommene Bonusstück „I’m Waiting Here“ hat etwas Mysteriöses, Zwielichtiges, klingt ihre Stimme doch seltsam entrückt. So tanzt einem ganz schnell „der Mann von einem anderen Ort“ aus „Twin Peaks“ vor dem inneren Auge herum. Auch wenn ich ein großer Fan der Lynch’en Filmkunst bin, tröstet mich seine Musik über den offenbaren Rückzug aus dem großen Filmbusiness herrlich hinweg. David Lynch, der ehemalige Regisseur und jetzige Musiker, ist übrigens nicht zu verwechseln mit David Lynch, dem Singer/Songwriter, und David Lynch, dem Jazzmusiker.