„Der Pfad“: Klein und Groß auf der Flucht vor den Nazis

„Der Pfad“: Klein und Groß auf der Flucht vor den Nazis

Tobias Wiemann verfilmt mit „Der Pfad“ einen Jugendroman, der sich der Flucht zweier Kinder vor den Nazis widmet. Bei aller Düsternis des Zweiten Weltkriegs gelingt ihm das dank Hauptdarsteller Julius Weckauf mit einer schönen Leichtigkeit. Einen Wermutstropfen gibt es aber dennoch.

Schon Caroline Links „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ hat vor gut drei Jahren das Grauen des Zweiten Weltkriegs und der Nazis für ein jüngeres Publikum filmisch gut aufbereitet. In eine ähnliche Kerbe schlägt jetzt auch der unter der Regie von Tobias Wiemann entstandene Film „Der Pfad“ nach dem gleichnamigen Jugendroman von Rüdiger Bertram. Doch kommt dieser dabei ganz ohne den erhobenen Lehrerzeigefinger aus. Es ist die Geschichte zweier Kinder an der Grenze zum Teenager-Dasein, die in den Wirren des Krieges Emotionen wie Angst und Trauer, aber auch Freude, Zuversicht und wahre Freundschaft erleben.

Im Jahr 1940 ist der zwölfjährige Rolf (Julius Weckauf) mit seinem Vater Ludwig Kirsch (Volker Bruch) auf der Flucht vor den Nazis, die den Namen des Journalisten auf eine Liste unliebsamer Regime-Kritiker gesetzt haben. Eine Festnahme würde wohl Ludwigs sicheren Tod bedeuten. Gemeinsam mit Jack-Russell-Terrier Adi – kurz und scherzhaft benannt nach dem verhassten Führer – haben sich die beiden bis nach Marseille durchgeschlagen, um nach New York zu gelangen, wo Mutter Katja (Anna Maria Mühe) schon seit Jahren auf sie wartet.

Mit gefälschten Papieren und der Hilfe von Núria (Nonna Cardoner), der Tochter spanischer Partisanenkämpfer, soll es zu diesem Zweck über die Pyrenäen gehen, als Ludwig plötzlich verhaftet wird. Von nun an müssen sich die Kinder allein den Gefahren stellen. Nicht nur Julius setzt alles dran, seinen Vater lebend wiederzufinden. Auch Núria hofft auf ein Wiedersehen mit ihrer Familie. Zwar erhalten die beiden Unterstützung von einer Gruppe von Widerstandskämpfern, doch sind ihnen die Nazis immer wieder dicht auf den Fersen. Und so müssen sich die ungleichen Kids stets neu zusammenraufen und Seite an Seite ums Überleben kämpfen.

Abenteuer und Coming-of-Age

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Adi, Rolf und Núria (v.l.) halten zusammen.(Foto: Warner Bros.)

Bei allem Schrecken des im Hintergrund agierenden Nazi-Regimes gelingt es Wiemann, die kindliche Perspektive nie aus dem Fokus zu verlieren und mehr Abenteuer- und Coming-of-Age- als Kriegsfilm zu erzählen. Julius Weckauf als Rolf, bekannt geworden durch seine Darstellung des Hape Kerkeling in „Der Junge muss an die frische Luft“, changiert zwischen kindlicher Naivität und der angesichts der kritischen Lebensumstände notwendigen Frühreife.

Die Nazis bleiben als allgegenwärtige Bedrohung meist im Hintergrund, Kriegsszenen im eigentlichen Sinne gibt es – von ein paar Schießereien abgesehen – nicht. Und so ist „Der Pfad“ die kind- und jugendgerechte Aufarbeitung eines Themas, das auch fast 80 Jahre nach Kriegsende noch so wichtig ist und niemals in Vergessenheit geraten darf.

Die Crux des Films

Doch genau hier kommen wir auch zur Crux des Films. Entstanden ist er noch vor Beginn der Corona-Pandemie. Damit ist die Besetzung von Volker Bruch als Journalist, der von Nazis verfolgt wird, natürlich keineswegs fragwürdig. Rückblickend jedoch muss man sagen, dass – sofern man Bruchs Treiben in den sozialen Medien in den vergangenen Monaten verfolgt hat – ein fader Beigeschmack nicht zu leugnen ist, wenn er als Ludwig Kirsch über die Leinwand läuft.

Das ist nichts, womit die Macher von „Der Pfad“ seinerzeit hätten rechnen können. Schon aber etwas, das ein Schauspieler, der sich zudem auch noch als Hauptdarsteller der zu Beginn der Nazi-Zeit angelegten Serie „Babylon Berlin“ verdingt – im Hinterkopf haben könnte oder sollte, wenn er Demonstranten aus dem rechten Lager bejubelt, die in Wien gegen die Impfpflicht auf die Straße gehen.

Dass Bruch mit seinen Videos für Aktionen wie #allesdichtmachen und #allesaufdentisch bei dem einen oder anderen Filmfan in Ungnade gefallen sein könnte, ist allein sein Verschulden. Für Filmemacher, die all ihr Herzblut – und auch ihr Geld – in Projekte wie „Der Pfad“ stecken, wäre es allerdings wohl wünschenswert, wenn alle daran Beteiligten weiter als bis zu ihrem eigenen Tellerrand schauen würden. Für den Erfolg von „Der Pfad“, der sich vor allem an ein jüngeres Publikum richtet, das Volker Bruch im besten Falle weder als Masken-Attest-Inhaber, Maßnahmen-Kritiker, Impfgegner, Identitäeren-Beklatscher oder „Peinlichsten Berliner“ kennt, spielt das hoffentlich keine größere Rolle.

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