Die Ödnis des Sommers

Die Ödnis des Sommers

Das Sommerloch ist allgegenwärtig, und damit meine ich weder die fröhliche Blondine von gegenüber, die sich auch gerne mal unten rum frei macht, noch die kleine Gemeinde im Kreis Bad-Kreuznach in Rheinland-Pfalz – wenngleich dort sicherlich genauso viel Spannendes passiert wie gerade in meinem Leben. Ein Großteil der Freunde im Urlaub – oder junge Eltern oder schwanger; im Kino hauptsächlich müde Komödien und flache Blockbuster; eine TV-Wiederholung jagt die andere, hier werden Lücken auch schon mal durch völlig sinnfreie Wettersondersendungen geschlossen; Bands spielen maximal auf Festivals am Arsch der Heide, nicht jedoch in den Clubs der Stadt; Partys sind häufig mau besucht, weil die meisten Leute eben entweder im Urlaub sind oder aufgrund tropischer Temperaturen auf der nächstgelegenen Grillwiese herumlungern.

Kurzum: Mir ist langweilig. So langweilig, dass ich über neue Hobbys nachdenke. Dass ich regelmäßig Laufen gehe, ist schon ein Indiz dafür, dass die Feierabende nur wenig Alternativen bieten. Die übrige freie Freizeit nutze zum Lernen der spanischen Sprache, dem Lesen der großen Klassiker, um die man sonst lieber einen ebenso großen Bogen macht, und dem Schauen gehaltvoller Filme, um meinem Leben wieder einen Sinn zu geben. Weitere Optionen, die ich dafür ins Auge gefasst habe: Mich in die Geschichte und das Geheimnis des Whiskytrinkens einarbeiten, meine Vorliebe für Gin Tonic weiter ausbauen und mehr über Qualitätsnormen bei Wein erfahren.

Wenn das also so weitergeht, bin ich am Ende dieses Sommers nicht nur wahnsinnig dünn, super sportlich und unfassbar schlau, sondern vor allem ein Kandidat für die Anonymen Alkoholiker. Damit wäre dann zumindest auch der sonst so trostlose Winter gerettet.

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