Leiden mit Apfelgeschmack

Leiden mit Apfelgeschmack

Ich bin ein klein wenig fanatisch, wenn es um elektronische Spielereien geht. In grauer Vorzeit war ich schon die erste meiner Freundinnen, die einen Walkman besaß. Während alle anderen noch auf Vinyl setzten, bekam ich meinen ersten CD-Player. Auch hatte das Videoformat bei mir ausgedient, sobald DVD-Player einigermaßen erschwinglich waren. Selbst am völlig überflüssigen Tamagotchi kam ich trotz meines seiner Zeit eigentlich nicht mehr ganz kindlichen Alters nicht vorbei. Dass ich mir nicht noch das sprechende Kuscheltiermonster Furby zulegte, war eher Glücksache als Absicht.

Inzwischen liegt mein Fokus natürlich auf Spielsachen für Erwachsene, und die kauft man nicht zwangsläufig in einem Hinterhofladen mit schweren Brokatvorhängen am Eingang, schummeriger Beleuchtung und einem ca. 56-jährigen Frührenter im Muscleshirt hinterm Tresen, der hier auf 400-Euro-Basis seinen Lebensunterhalt aufbessert. Vielmehr denke ich dabei an helle, freundliche, größtenteils in Weiß gehaltene Shops, die sich inzwischen nicht mehr nur in sämtlichen Großstädten tummeln, sondern langsam aber sicher auch in der Provinz Einzug halten: Gravis & Apple Stores all over the world.

Apple schafft es doch immer wieder, bisher offenbar tief verborgene Begehrlichkeiten zu wecken. Schon früh wurde der 256MB-MP3-Player eines NoName-Herstellers durch einen optisch schöneren iPod mit mehr – wenngleich heute auch lächerlich gering wirkender – Speicherkapazität ausgetauscht. So weit nachvollziehbar. Bis zur Martkeinführung des iPhones war ich eigentlich recht glücklich mit meinem – natürlich auch schon recht fortschrittlichen – Smartphone eines schwedischen Mobiltelefonherstellers. Doch schon kurze Zeit später glaubte ich, ohne diesen wirklich hübschen Fast-Alleskönner mit Apfel-Branding nicht mehr existieren zu können. Da legt dann man dann auch schon mal einen Euro mehr auf den Tisch, als einem gut tut. So ist man eine ganze Weile recht glücklich mit seinem neuen Liebling, und schon hält Mr. Jobs die nächste Gemeinheit bereit: Ende des Monats ist das iPad nun auch in Deutschland erhältlich. Vorbestellungen werden bei jedem freundlichen Apple/Gravis-Mitarbeiter entgegengenommen.

Aber was ist das iPad eigentlich nun so ganz genau? Ein überdimensioniertes iPhone ohne Telefoniefunktion? Wird selbiges bald eigentlich nur noch als iPad nano gehandelt? Ein abgepecktes Macbook für die etwas größere Handtasche? Wer kann damit was anfangen? Wer braucht es wirklich? Gibt es überhaupt jemanden, der ohne iPad zukünftig nicht mehr leben kann? Oder sind es nicht nur wieder das hübsche Äußere, die sicherlich ebenso interessante Haptik und eben der kleine Apfel auf der Rückseite, die die Leute verrückt machen?

Ich bin tatsächlich hin- und hergerissen ob der Notwendigkeit dieser Anschaffung – sehen wir mal davon ab, dass ich gerade so oder so keine 499 bis 814 Euro über habe. Was ich mir ohnehin viel dringender wünsche ist ein iBoy – der praktische wie optisch ansprechende und handschmeichelnde Begleiter für alle Lebenslagen, für den es günstige Apps zu den Themen Kochen, Putzen, Aufräumen, Witze erzählen und Liebe machen im App-Store gibt, den ich runterfahren kann, wenn ich mal genug von ihm habe und den ich bei eBay verkaufe, wenn es ein neueres, besseres Modell gibt. Wann erfindet Apple den wohl endlich?

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