„Felix Krull“: Liebe, Tricks und Tränen

„Felix Krull“: Liebe, Tricks und Tränen

Als Thomas Mann die Geschichte von Felix Krull nach 44-jährigem Schreibprozess veröffentlicht, ist sie noch nicht zu Ende erzählt. Wieder 67 Jahre später bringt Detlev Buck den charmanten Hochstapler, gespielt von Jannis Niewöhner, in Hochglanz und mit neuen Ideen ins Kino.

Schon 1910 begann Thomas Mann damit, die Geschichte des fiktiven Hochstaplers Felix Krull zu entspinnen. Als der Roman 1954 endlich veröffentlicht wurde, war er nicht nur sein letzter, sondern auch immer noch unvollendet. „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull. Der Memoiren erster Teil“ lautet der vollständige Titel des Buchs, das nun als Vorlage für Detlev Bucks Verfilmung diente. Gemeinsam mit Erfolgsautor Daniel Kehlmann hat Buck die Erzählung allerdings auf links gedreht, Dinge weggelassen sowie im Sinne Manns hinzugedichtet. Und er gibt dem von Jannis Niewöhner verkörperten mittellosen Dandy einen neuen Drive.

Nach dem Freitod von Vater Krull, einem Sektfabrikanten, ist für seinen Sohn Felix nichts mehr wie es war. Kaum alt genug, beschließt er, sein Glück in Paris zu versuchen. Er bekommt einen Job als Liftboy in einem Nobelhotel in der französischen Hauptstadt, wo er sich alsbald den erpresserischen Methoden des Oberkellners Stanko (Nicholas Ofczarek) ausgesetzt sieht. Doch Krull erkennt ebenso schnell die Möglichkeiten zur zusätzlichen Geldeinnahme, die ihm das Hotel zu bieten hat. Vor allem die Damenwelt ist dem charmanten Bediensteten nämlich äußerst zugetan und zahlt für ein Schäferstündchen mit ihm beinahe jeden Preis.

Krull auch mal melancholisch

All das erzählt er selbst dem Marquis Louis de Venosta (David Kross) eines schönen Abends, als sich die zwei sehr unterschiedlichen Männer – der eine reicher Hotelgast, der andere ein armer Angestellter in selbigem – nicht ganz zufällig in einem Restaurant treffen. Der Marquis ist zu diesem Zeitpunkt betrübt. Seine junge Liebe zu Zaza (Liv Lisa Fries) steht auf dem Spiel, weil sein Vater die Beziehung mit einer Bürgerlichen wie ihr nie billigen und ihn ad hoc enterben würde. Seine Angst vor der Armut bringt ihn nun in eine fürchterliche Zwickmühle, denn sein alter Herr will ihn auf eine umfangreiche Weltreise schicken – natürlich ohne Zaza. Spätestens als Krull von seiner eigenen großen Liebe erzählt, hat er das Vertrauen des Marquis gewonnen. Dass es sich dabei ebenfalls um Zaza handelt, verschweigt Krull allerdings. Und er hat auch schon einen – länger gehegten – Plan, wie er seinem Gegenüber in Liebesdingen sowie sich selbst auf monetärer Ebene helfen könnte …

Dass Thomas Manns Erzählung laut eigener Aussage an vielen Stellen „weit offenstehen gelassen“ wurde, bot Kehlmann einen gewissen Spielraum, und so zeigt der Film neue Facetten der Hauptfigur. Zwar ist Felix Krull wie gewohnt äußerst selbstbewusst und so charmant wie gerissen, präsentiert sich aber durchaus auch von einer verletzlichen und melancholischen Seite. Ihm ist die Zerrissenheit anzumerken, die sein betrügerisches Spiel auf der einen und die Liebe zu Zaza auf der anderen Seite mit sich bringen.

Ein harmonisches Dreigestirn

Liv Lisa Fries spielt die Zaza mit einer Mischung aus Verführung, Versuchung und Verschlagenheit, dass die Begeisterung, die die Männerwelt für sie aufbringt, auf der Hand liegt. David Kross hingegen lässt dem Marquis eine herzerwärmende Naivität und Sanftheit angedeihen. Und Jannis Niewöhner, der gerade erst für „Je suis Karl“, der am 16. September in den Kinos startet, für einen Deutschen Filmpreis nominiert wurde, ist der perfekte Felix Krull. Gutaussehend, charmant und mit dem gewissen Etwas, das ihn auch in dieser Rolle überzeugen lässt. In Kombination bilden Fries, Kross und Niewöhner ein harmonisches Dreigestirn.

Schlussendlich sei noch die fantastische Ausstattung erwähnt, die eine Geschichte aus dieser Zeit erfordert und die entsprechend detailreich umgesetzt und von Marc Achenbach in passende Bilder verpackt wurde. Damit ist „Bekenntnisse des Felix Krull“ gute Kino-Unterhaltung statt trockener Literaturverfilmung, die zusätzlich mit eigenwilligen Aufritten von Annette Frier, Maria Furtwängler, Desiree Nosbusch, Katja Flint, Charlie Hübner, Joachim Król und Dominique Horwitz für Kurzweil sorgt.

„Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ läuft ab 2. September im Kino

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