Im Land der geförderten Talentfreiheit

Im Land der geförderten Talentfreiheit

Absolute Talentfreiheit kann in Deutschland gar nicht genug gewürdigt werden. Diese Würdigung erfährt man, sofern man einigermaßen nett anzusehen und sich selbst für nichts zu schade ist, in einer der zahlreichen Castingshows. Hier kann es der oder die Talentfreie dank mangelnder Geistesgegenwart der für ihn anrufenden TV-Zuschauer sogar irgendwann bis in die Charts oder auf ein Magazincover schaffen. Viele Menschen mit mehr Talent fristen heute ein trostloses Dasein im Namen der Kunst und können sich noch nicht mal das Schwarze unter ihren eigenen Fingernägeln leisten.

Wieder anderen ist es auch ohne Bohlen, Klum und – vor allem – Talent gelungen, Karriere im Licht der Öffentlichkeit zu machen. Womöglich als Schauspieler, und das mit nur einem einzigen Gesichtsausdruck. Und wenn man das geschafft hat, wird man eben auch noch talentfreier Regisseur, Drehbuchautor, Produzent und sein eigenes Scriptgirl. Es kann so einfach sein … An dem Erfolg Til Schweigers scheint sich nun Kati Witt ein Beispiel zu nehmen. Schlittschuhlaufen konnte sie, keine Frage. Doch da ist mehr eine gute Präsenz in der Totalen auf dem Eis und weniger ein gewisses Maß an Ausstrahlung im direkten Gespräch gefragt.

Schon als Moderatorin hat die espritlose Ostdeutsche in früheren Zeiten eine üble Figur abgegeben. Nun also wechselt sie ins Schauspielfach. Freuen dürfe wir uns auf einen Spielfilm, in dem sie was spielt? Natürlich sich selbst. Wie auch sollte sie einen spannenden Charakter vor die Kamera zaubern? Doch warum schreibt überhaupt jemand ein Drehbuch, in dessen Zentrum ein blutleereres Wesen als Dracula steht? Genau, sie war es Schweiger-like selbst, die dieses Drehbuch – gemeinsam mit einem offenbar wenig anspruchsvollen Regisseur – verfasst hat. Die Story: Ein Mann zeigt wahnhaftes Interesse an der Spitzensportlerin und bedroht ihr Leben. Ist ihr vor vielen Jahren tatsächlich so passiert. Damals war sie 20, sah auf dem Eis hübsch aus, durfte im TV noch nicht sprechen und niemand ahnte, wie öd sie wirklich ist. Auch nicht der paranoid-schizophrene Stalker, der heute über diese entlastende Diagnose sicher froh wäre.

Previous post Ein Nachtrag: Bittersüßes Olympia
Next post Wohnung frei in Ikea City