„Infinity Pool“: Bizarrer Klon-Horror im Luxus-Resort

„Infinity Pool“: Bizarrer Klon-Horror im Luxus-Resort

Im dritten Film von Brandon Cronenberg spielt Alexander Skarsgård einen Schriftsteller, der auf der Suche nach Inspiration einen bizarren Horrortrip durchlebt. Statt Entspannung erlebt er im Urlaub Sex, Gewalt und Tod. „Infinity Pool“ wird zur skrupellosen und absurden Gesellschaftskritik.

Wer gerade dabei ist, seinen nächsten Urlaub in einem schicken Wellness-Resort zu planen, um nach den Strapazen der letzten drei Jahre mal wieder den Kopf freizubekommen, der sollte sich den dritten Spielfilm von David-Cronenberg-Sohn Brandon Cronenberg wohl besser nicht anschauen. Denn was beim Titel „Infinity Pool“ noch nach Entspannung im lauwarmen Wasser mit freiem Blick in die Natur klingt, entwickelt sich im Film zu einem gewaltsamen und blutigen Kabinett der Abstrusitäten.

Der eigentümliche Horrortrip spielt auf der fiktiven Insel La Tolqa. Dort lockt ein Luxus-Resort Gutbetuchte aus aller Welt an, denen der Sinn nach Erholung und Ablenkung vom Alltag steht. Einen ähnlichen Plan verfolgt auch James (Alexander Skarsgård), der mit seiner Ehefrau Em (Cleopatra Coleman) anreist. Der Schriftsteller wird nach einem ersten erfolgreichen Roman von einer Schreibblockade geplagt und ist auf der Suche nach Inspiration. Gerade weil es auf La Tolqa so schön ist, das Personal so zuvorkommend und das Essen so hervorragend, tut sich diesbezüglich allerdings nicht viel.

Und so wagen sich Em und James aus dem Resort heraus, obwohl das seitens der Hotelleitung und der Inselregierung strengstens untersagt ist. Angestachelt von der geheimnisvollen Gabi (Mia Goth) und ihrem Ehemann Alban (Jalil Lespert) erleben die zwei schon einen äußerst seltsamen Tag am Strand, der mit einem von James verursachten Unfall auch noch böse endet, da ein Einheimischer ums Leben kommt. James droht daraufhin die Todesstrafe. Nur durch die kostspielige und schmerzhafte Erstellung eines Klons seiner Person kann er der Hinrichtung entkommen. Nachdem er der brutalen Ermordung seines Lookalikes durch den Sohn des Unfallopfers selbst beigewohnt hat, fängt das Elend jedoch erst richtig an und er gerät immer weiter in einen bizarren Strudel aus Gewalt und Tod.

Ein Mann, viele Klone

Alexander Skarsgård verliert als James in „Infinity Pool“ mehr und mehr die Kontrolle über sich, sein Leben und seine Identität, obwohl er genau die auf La Tolqa eigentlich finden wollte. Und so schlüpft der Schwede in immer wieder dieselbe, sich aber ständig im Wandel befindende Rolle. Vom leicht unterwürfigen und frustrierten Schriftsteller über den gequälten Untergebenen sowie den andere Menschen dominierenden Gewalttäter bis hin zum verängstigten Mann auf der Flucht. Mit Mia Roth als bittersüßer Mit- und Gegenspielerin ergibt sich ein Duo infernale, das dem Zuschauer gleichermaßen Spaß wie auch böse Träume bereitet.

Brandon Cronenberg, der zum einen aus dem Schatten seines Vaters heraustreten möchte, sich zum anderen aber seines erzählerischen Vorbilds bedient, kann sich nach „Antiviral“ und „Possesor“ mit „Infinity Pool“ ein wenig emanzipieren. Er erzählt von Menschen, die schon alles haben und sich in ihrem Wohlstand so sehr langweilen, dass ihnen alle Mitteln recht sind, um ihrem Leben für ein paar Wochen zu entfliehen. Dafür zahlen sie gern jeden Preis, setzen sämtliche geltenden Gesetze außer Kraft und werfen jegliche Moral über Bord.

Selbstfindung ad absurdum geführt

„Infinity Pool“ ist somit als Gesellschaftskritik zu verstehen, als Groteske über die immer größer werdende Schere zwischen Arm und Reich und die unbestrittene wie auch hässliche Macht des Geldes. Es werden jedoch mehr Fragen gestellt als beantwortet, sodass dem Zuschauer einiges an Interpretationsspielraum zugestanden wird. Dass die Superreichen widerliche Masken tragen, wenn sie sich ihren gewaltvollen Spielen mit Sex, Drogen, Blut und Urin hingeben, ist dabei bezeichnend und vielleicht sogar ein wenig zu plakativ. Überhaupt will der Film oft zu viel, springt unkontrolliert hin und her und denkt dann doch zu vieles nicht zu Ende.

Sicher ist bei „Infinity Pool“ nur, dass nichts sicher ist. Dass das auch dem Zuschauer klar wird, liegt nicht nur an der Erzählung selbst, sondern auch an den mysteriösen Bildern, wirren Kamerafahrten, speziellen Lichteffekten und diffusen Close-ups, die einem Drogentrip ähnlich für Verwirrung sorgen. Nach Sympathieträgern sucht man in „Infinty Pool“ vergeblich. Kann man sich zunächst noch an James halten, wird auch das mit jedem entstehenden Klon schwieriger. Wer ist wer, wer ist echt, wer bereits tot? Man weiß es nicht.

Mit „Infintiy Pool“ liefert Brandon Cronenberg einen Horrorthriller über eine völlig absurde Luxusreise mitten ins blutige Herz der verwahrlosten Wohlstandsgesellschaft. Einen Film, bei dem sich nicht allzu zartbesaitete Zuschauer zwar oft gut unterhalten fühlen, an dessen Ende sie aber womöglich doch froh sind, den 117-minütigen Trip einigermaßen unbeschadet überstanden zu haben.

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