Jeck we can!

Jeck we can!

Ich habe mich in diesem Jahr erstmalig während der tollen Tage nach Köln getraut. Rein privat und mit dem festen Vorsatz, auf gar keinen Fall einen Fuß vor die Tür geschweige denn in eine der üblichen Kneipen zu setzen. Das hat schon mal nicht geklappt, und so fand ich mich alsbald genau dort wieder, wo ich mein ganzes Leben über niemals hin wollte: Zwischen lauter betrunkenen Jecken in einer überfüllten Raucherkneipe irgendwo in der Domstadt. Also mitten drin. Ich habe förmlich darauf gewartet, dass mir der erste an die Brust oder den Hintern grabscht, mir auf meine Schuhe kotzt, seine Kippe auf meinem Oberarm ausdrückt oder mir doch lieber sein Bier – ‚tschuldigung, Kölsch – in den Ausschnitt kippt. Bestenfalls würde all das auf einmal passieren und ich könnte ganz schnell wieder heim.

Nichts davon geschah. Stundenlang habe ich gewartet, während des Wartens diverse Kölsch in mich hinein, das eine oder andere auch dem einen oder der anderen in den Ausschnitt gekippt, hatte am Ende einen komischen Hut auf und habe kölsche Karnevalslieder mitgegröhlt. WAS ist es, was da mit einem passiert? Gruppenzwang, Herdentrieb, eine im Kölsch verwendete Substanz, von der niemand etwas ahnt und die ihre Wirkung bei jedem entfaltet, der nicht aus dem Rheinland kommt? Ich weiß es nicht, überlege aber jetzt bereits, in welcher Verkleidung ich mich nächstes Jahr – der Urlaub ist bereits eingereicht – ins Köln-Karneval-Getümmel stürze.

Prinzessin ist zugegebenermaßen ein wenig unpassend, Lara Croft schon lange durch und mein Indianerkostüm passt mir bereits seit vielen Jahrzehnten nicht mehr. Zudem muss einfach alles stimmen, denn mir ist aufgefallen, dass es nichts Schlimmeres gibt, als Menschen, die Karneval nicht ernst nehmen, sich einfach nur ein Herz auf die Wange pinseln, einen winzigen Hut schräg aufsetzen und die Zeit ansonsten lediglich dazu nutzen, sich endlich mal wieder völlig ohne Tabus volllaufen und vögeln zu lassen – egal an welchem Ort und noch egaler von wem.

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