Keanu Reeves: „Ein natürlicher Tod wäre wünschenswert“

Keanu Reeves: „Ein natürlicher Tod wäre wünschenswert“

Action-Fans, denen James Bond zu brav ist, haben in John Wick ihren Helden gefunden. Seit 2014 und in bislang zwei Teilen derwischt sich Keanu Reeves als treffsicherer und beinahe unverwundbarer Rächer über die Kinoleinwand. Nun geht die Geschichte um den in Ungnade gefallenen Ex-Auftragskiller unter der Regie von Ex-Stuntman Chad Stahelski in ihre dritte Runde. Und so sehr seine Feinde John Wick auch hassen, seine Fans lieben ihn.

War Wick in den ersten beiden Teilen noch Jäger, ist er in nun selbst der Gejagte. Ein Film für die ganze Familie ist „John Wick 3: Parabellum“ trotzdem nicht. Es geht sogar noch ein bisschen brutaler zu als in den Vorgängern, auch wenn das fast unmöglich schien. Die Kampf-Choreografien sind ausgefeilt und absolut beeindruckend, die Gags gut, wenn sie vor lauter Adrenalinausschüttung auch gelegentlich untergehen. In den USA hat John Wick die „Avengers“ schon in der Startwoche vom Thron gekickt. Lionsgate hat daraufhin verkündet, dass es 2021 einen vierten Teil geben soll.

Für Keanu Reeves ist es einmal mehr eine Paraderolle, denn selten sind Filmheld und Darsteller weniger voneinander zu trennen als bei der „John Wick“-Reihe. Dass es zwischen ihm und seiner Figur aber durchaus eklatante Unterschiede gibt, erzählt der 54-Jährige n-tv.de im Interview.

n-tv.de: Mr. Reeves, im ersten Teil löst ein getöteter Beagle-Welpe John Wicks Rachefeldzug aus. Inzwischen steht ihm sein Pittbull treu zur Seite. Sind Sie auch privat ein Hundemensch?

Keanu Reeves: Ja, ich mochte Hunde immer sehr. Als Kind hatte ich selbst zwei Bullmastiffs.

Wow, das sind ganz schön große Tiere …

Joa, es geht. Die sind etwa so hoch (hält die Hand circa 60 Zentimeter über dem Boden). Seither hatte ich leider keinen Hund mehr.

Weil es Ihre Zeit nicht zulässt?

Richtig, meine Situation gibt das einfach nicht her, so gern ich auch wieder einen Hund hätte. Aber ich kann mich einfach nicht genug darum kümmern, das macht es schwierig.

John Wick mag also Hunde so wie Sie. Ansonsten sind Sie eher ein friedliebender Mensch, während sich Wick durch seine Welt prügelt und tötet. Dennoch lieben ihn die Leute …

(lacht) Das hoffe ich doch. Ich hoffe, dass sie die Filme mögen, weil sie John Wick mögen. Ich zumindest liebe ihn, weil ich finde, dass er ein großartiger Charakter ist. Die komplette John-Wick-Welt ist etwas Besonderes, die Ausstattung, das „Continental Hotel“, das Kostümdesign, sämtliche Figuren, aber auch der feine Sinn für Humor und natürlich die Action in all ihrer Schönheit.

Denken Sie, dass Ihre Fans zu 100 Prozent zwischen Ihnen und John Wick unterscheiden? Ich glaube das nämlich nicht.

Kann schon sein, dass es da Überschneidungen in den Köpfen gibt. Es ist ja meine Arbeit, ich bringe auch immer etwas von mir, meiner Lebenserfahrung, meiner Kreativität und meinem Charakter mit ein, wenn ich ihn spiele.

John Wick ist durchaus verletzlich, aber am Ende doch weitaus tougher als jeder Normalsterbliche – Sie vermutlich eingeschlossen?

Ich bin definitiv nicht so hart im Nehmen wie er. (lacht) Aber das ist ja das Schöne an der Rolle, die Fantasie, die dahintersteckt. Und John ist tatsächlich überaus verletzlich, immerhin ist sein ständiger Antrieb die Trauer um seine verstorbene Frau. Er will überleben, um damit auch die Erinnerung an sie am Leben zu erhalten.

Trotz Ihrer eigenen Verwundbarkeit trauen Sie sich einiges, wenn es um die Stunts geht. So kämpfen Sie das erste Mal auch auf dem Rücken eines Pferdes – und das mitten in Brooklyn.

Das hat extrem viel Spaß gemacht. Es bedeutete aber auch eine Menge Training im Vorfeld. Wir wollen das Ganze ja schon einigermaßen sicher gestalten, was nur dank des großartigen Stunt-Koordinators und den Pferde-Trainern möglich war.

John Wick muss extrem schnelle Entscheidungen treffen, zum Beispiel, welche Waffe er wählt, welchen Weg er geht oder ob er dem Gegner von links oder von rechts eine reinhaut. Sind Sie privat auch so gut im Fällen von Entscheidungen?

Das ist ganz unterschiedlich, immer abhängig davon, worum es geht. Manchmal zögere ich lange, ehe ich mich für dieses oder jenes entscheide, bei anderen Dingen fällt es mir dagegen ganz leicht.

Letztes Jahr kam eine romantische Komödie mit Ihnen und Winona Ryder ins Kino. Sind derlei Dreharbeiten eine Art Wellness-Aufenthalt für Ihren dank John Wick geschundenen Körper?

Auch diese Frage kann ich nur mit Ja wie auch mit Nein beantworten. Ich mag es in erster Linie, in so unterschiedlichen Genres zu arbeiten. Deswegen sage ich bei diesen Projekten zu und nicht, um mich zu erholen. Und ehrlich gesagt war die Arbeit an „Destination Wedding“ sogar ziemlich intensiv, denn wir hatten nur zehn Drehtage für 86 Minuten.

Hui, das ist stramm …

Allerdings, aber das war irgendwie auch Teil des ganzen Spaßes.

Klingt nach einer Art Selbstgeißelung. Sie suchen die Herausforderung ganz offenbar.

Für mich gehört das dazu, ja. Die Art, wie so ein Film entsteht, ist doch das Spannende. Wie eben auch bei dem Projekt „John Wick“.

Ist John Wicks Geschichte nicht irgendwann mal auserzählt? Ist dieser Mann überhaupt in der Lage, zu sterben?

Halle Berrys Figur Sofia bringt es im Film auf den Punkt: „Du wirst sterben, John. Ich weiß nicht, wann und wie, aber du wirst sterben.“ Und natürlich, das müssen wir alle, auch John Wick. Ich wünsche ihm aber nur das Beste.

Vielleicht stirbt er mit 95 Jahren – im Kampf.

Vielleicht stirbt er auch mit 95 Jahren eines natürlichen Todes.

Das klingt mir jetzt für John Wick ein bisschen langweilig.

Finden Sie? Ein natürlicher Tod wäre doch wünschenswert. Es ist sicherlich die beste Art zu sterben.

Da haben Sie vermutlich recht.

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