Knutschen, Koks und Konkubinen

Knutschen, Koks und Konkubinen

Es gibt sicherlich vieles auf dieser Welt, auf das ich gut verzichten kann. Zahnweh, Blinddarmentzündung, juckender Hautausschlag, Darmbeschwerden während eines überfüllten Festivals bei 40 Grad im Schatten und gefühlten 60 auf dem Dixieklo, stundenlange Wanderungen mit mindestens 20 Prozent Steigung (eigentlich aber auch schon Wanderungen im Allgemeinen), Zoobesuche am letzten schönen Sonntag des Jahres oder stundenlanges Schlangestehen vorm T Mobile-Shop, um endlich das iPhone 5 vorbestellen zu können und dann festzustellen, dass es nur das iPhone 4S gibt. Alles nicht so schön und unbedingt zu vermeiden.

Auf der Vermeidbarkeitsskala ganz weit oben gerade: Volksmusikfan oder gar Volksmusikstar sein. Dass Stefan Mross und Stefanie Hertel sich nach 17 gemeinsamen Jahren trennen, mag für sie selbst ja gewissermaßen traurig oder auch befreiend, sollte allen anderen aber im Grunde egal sein. Doch verhält es sich hinsichtlich der anstehenden Scheidung bei den über 60-jährigen Fans scheinbar so, wie 1995 bei allen unter 16-jährigen Take That-Anhängern: Telefonseelsorge, Selbsthilfegruppen, Therapieangebote … der Schock will und muss erst mal verarbeitet werden. Knutschen, Koks und Konkubinen … da besteht bei vielen Redebedarf.

Und Mross und Hertel selbst? Nicht nur, dass sie als Gehörnte an Würde und er als Fremdgänger an Fanbase verloren hat – nun wird noch offensichtlicher, dass es finanziell nicht von unerheblicher Bedeutung gewesen wäre, weitere Jahre Seite an Seite durchzuhalten. Also geht man wie geplant zu zweit auf Tour und verzichtet lediglich auf alle Lieder, die mit Liebe und Treue zu tun haben. Wie viele Stücke bleiben da am Ende noch übrig? Das ist ein bisschen so, als würden die mal wieder von Robbie getrennten Take That zukünftig bei Tourneen auf alle Songs verzichten, bei denen er irgendwann mal mitgesungen hat – das würden wohl verdammt kurze und zudem ohnehin eher schlecht besuchte Konzerte.

Während einen mindestens 50 Prozent der im ersten Absatz aufgeführten Vermeidbarkeiten tatsächlich ganz ungeplant überwältigen können, ist das Gute am Volksmusikfansein: Man muss ja nicht.

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