„The Lodge“: Hüttenzauber der beklemmenden Art

„The Lodge“: Hüttenzauber der beklemmenden Art

Mit ihrem zweiten Film widmen sich Veronika Franz und Severin Fiala erneut der Familie und dem ihr innewohnenden Horror. Am Ende ist vieles anders, als es schien. Und bald wird klar, dass man seinen Liebsten nicht immer trauen sollte. Schon gar nicht, wenn es Kinder sind.

Mit „Ich seh, ich seh“ legten die österreichischen Filmemacher Veronika Frank und Severin Fiala 2015 ein Spielfilmdebüt vor, das trotz seiner geringen Produktionskosten international für Aufsehen sorgte. Die Horrorstory um die Brüder Lukas und Elias bediente kindliche Urängste und jagte am Ende den Erwachsenen einen Schauer über den Rücken. Die Zwillinge hegten darin berechtigte Zweifel an der Identität ihrer nach einer OP gesichtsbandagierten Mutter und auch in „The Lodge“ ist es die Familie, die für schaurige Momente sorgt. Allerdings stand den Filmemachern dieses Mal wohl etwas mehr Budget zur Verfügung, das in einen internationalen Cast investiert wurde.

Richard (Richard Armitage) lässt seine Ehefrau Laura (Alicia Silverstone) für die jüngere Geliebte Grace (Riley Keough) sitzen. Das stößt nicht nur bei Laura selbst auf wenig Begeisterung, auch die Kinder des Paares, die zehnjährige Mia (Lia McHugh) und Teenie-Sohn Adian (Jaeden Martell), finden die Neue sowie das Verhalten ihres Vaters ziemlich daneben. Da sich Richard aber nach einem intakten Patchwork-Familienleben sehnt, will er Stiefmutter und Kids zu ihrem Glück zwingen. Er verfrachtet sie – gegen den Willen aller – über die Weihnachtsfeiertage in die abgelegene Familienhütte in den Bergen.

Christlicher Wahn oder kindlicher Hass?

Es kommt, wie es für die Geschichte kommen muss: Richard muss beruflich unbedingt noch einmal zurück in die weit entfernte Stadt, sodass das unfreiwillige Trio auf sich allein gestellt ist. Aidan und Mia haben inzwischen entdeckt, dass Grace mal Mitglied einer Sekte war und deren kollektiven Selbstmord als Einzige überlebte. Diese Info verbessert das Standing der jungen Blondine bei den beiden minderjährigen Hobby-Detektiven nicht unbedingt, und so wächst die Mauer aus Intrigen und Misstrauen zwischen den Parteien immer schneller und höher.

Schon durch das mehrere Kapriolen schlagende Storytelling und die schräg-normalen Dialoge entsteht von Beginn an eine bedrohliche Atmosphäre, die der Einsatz verschobener Perspektiven nachhaltig unterstützt. Die seltsamen Blickwinkel, die Kameramann Thimios Bakatakis wählt, irritieren und lassen starkes Unbehagen aufkommen. Von einer romantischen Hütte ist „The Lodge“ jedenfalls meilenweit entfernt.

Trau, schau, wem

Es bleibt lange unklar, wer hier eigentlich wem misstrauen sollte. Der Blick auf die Ereignisse in dem abgeschieden und an einem zugefrorenen See gelegenen Haus wechseln in schöner Regelmäßigkeit und mit ihm auch die Sympathien für die Protagonisten. Verfällt Grace tatsächlich wieder dem christlichen Wahn ihrer Vergangenheit oder wollen sich zwei vom Verlust der Mutter traumatisierte Kinder deren Nachfolgerin entledigen? Vielleicht aber ist das Böse gar nicht innerhalb der vier Holzwände zu finden, sondern kommt durch den Wald oder direkt über das Eis auf die Hüttenbewohner zu.

Trotz der vielen ausgelegten Fährten – mal in die eine, mal in die andere Richtung – ist das vermeintliche Ende der Geschichte recht zeitig vorauszusehen, wenn auch nicht in letzter Konsequenz logisch. Doch ist es wirklich das Ende? An dieser Stelle hat „The Lodge“ ja womöglich schon die nächste Überraschung parat, die über etwaige Logikfehler hinwegsehen lässt.

„The Lodge“ läuft ab dem 6. Februar im Kino.

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