„Luden“: Glamour, Glitzer, Kiez und Nutten

„Luden“: Glamour, Glitzer, Kiez und Nutten

Der „schöne Klaus“ ist in den 1980er-Jahren eine der schillerndsten Figuren auf dem Hamburger Kiez und geht als Anführer der Luden-Gang Nutella-Bande in die Geschichte ein. Ihm widmet sich die nun startende Prime-Serie „Luden“ mit Aaron Hilmer in der Hauptrolle.

Schon in den 1970er-Jahren beginnt die so beispiellose wie zweifelhafte Karriere von Klaus Barkowsky auf der Hamburger Reeperbahn. Der spätere Kopf der selbsternannten Nutella-Bande jobbt zunächst in einem der verruchten Lokale, dessen Geschäftsführung er kurz darauf übernimmt. So avanciert der „schöne Klaus“ zur wichtigsten und einflussreichsten Figur von St. Pauli. Nachdem es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen bereits einige Dokumentationen über den Zuhälter und Bordellbesitzer gab, widmet ihm Amazon Prime nun eine teils fiktionalisierte Mini-Serie. Die Bücher stammen von Niclas J. Hoffmann, Peter Kocyla, Vivian Hoppe und Rafael Parente, Regie führten Laura Lackmann und Stefan Lukacs.

Erzählt wird die Geschichte des aufstrebenden Klaus (Aaron Hilmer) in den 80er-Jahren. Die Reeperbahn ist Anlaufpunkt für Menschen – vor allem Männer – aus der ganzen Welt. Um die Große Freiheit und die Herbertstraße herum wird die sexuelle Revolution gefeiert, als gebe es kein Morgen, vor allem aber auch keine Frauenrechte. Drogen wie Koks und Heroin sind an der Tagesordnung, und die Disco-Welle schwappt über den Kiez und seine Clubs. Der bauernschlaue Klaus erkennt die Zeichen der Zeit und weiß, dass der Moment gekommen ist, in dem auch für einen wie ihn alles geht. Er will im Milieu möglichst schnell möglichst viel Geld machen, und das mit allen Mitteln.

Femininer Frauenfänger

Er gerät an die etwa doppelt so alte Prostituierte Jutta (Jeanette Hain), die von ihrem brutalen Zuhälter genug hat und sich fortan lieber von dem femininen Klaus beschützen lässt. Gemeinsam mit ihr und zwei Schulfreunden baut er sich nach und nach – trotz aller Widerstände und seiner physischen Unterlegenheit gegenüber der konkurrierenden Luden-Vereinigung GMBH – ein kleines, dann aber immer größer werdendes Imperium auf. Allerdings haben er und seine Nutella-Bande die Dinge nicht immer so im Griff, wie es für einen reibungslosen Geschäftsablauf nötig wäre, sodass es zu heftigen Revierkämpfen kommt und Klaus so manches Mal auch einstecken muss. Als dann auch noch das HI-Virus das Leben und Arbeiten auf dem Kiez erschwert, braucht es neue Ideen, um mit der Prostitution weiterhin die große Mark zu machen.

Seinerzeit brachte der Hamburger Kiez zahlreiche namhafte Zuhälter hervor, doch war Klaus Barkowsky die wohl schillerndste all dieser zwielichtigen Figuren. Auch als „Lamborghini-Klaus“ bekannt, hat man ihn also nicht ohne Grund in den Fokus dieser Serie gerückt, die auf wahren Begebenheiten beruht, sich aber auch viel Raum für Änderungen und Ergänzungen nimmt.

Es heißt, Barkowsky sei mit seinen Frauen weniger brutal umgegangen als andere seines Berufsfeldes. Dafür kannte er jeden Luden-Trick, um sie zu manipulieren und dorthin zu bekommen, wo er sie haben wollte. Dorthin, wo sie ihm das meiste Geld einbrachten. Und so spielt auch der Serien-Klaus mit den Gefühlen der Frauen und macht sie eher mit Charme und Aufmerksamkeit als mit Schlägen gefügig. Er ist ein Frauenfänger und wirkt in seiner Darstellung dennoch immer wieder auch wie eine Lachnummer, die man nicht so recht ernst nehmen kann.

Zwischen Glanz und Gosse

Denn die Serie kommt nicht ohne Klischees aus, und manches Mal scheint alles ein wenig überzogen und gestelzt. So wie der extreme Hamburger Schnack vom gestiefelten Klaus oder auch die permanent schwelende Aggression, die in seinem Kumpel Andi (Henning Flüsloh) steckt, der bei jeder Gelegenheit alles kurz und klein schlägt. Dennoch verbreitet „Luden“ dank Ausstattung, Bildgestaltung, Schnitt und Musik genau die Atmosphäre, in der man sich den Kiez von damals gerne vorstellt. Angesiedelt irgendwo zwischen Glanz und Gosse, zwischen Discokugel und Heroinspritze, Gewalt und Zuneigung, Sehnsucht und Ernüchterung. Letzteres findet insbesondere mithilfe von Ausreißerin Manu (Lena Urzendowsky) statt, die auf dem Kiez nach ihrer Mutter sucht und selbst immer tiefer in den Sumpf abzurutschen droht.https://www.youtube-nocookie.com/embed/oNjhJe_3J2k?rel=0&showinfo=0

Erzählt werden die Geschehnisse aus dem Off von Jutta, einer tragischen Figur, die auf dem Kiez in die Jahre gekommen ist, zum alten Eisen gehört und dennoch stets ein wenig fehl am Platz erscheint. Ihre Story unterstreicht, wie sehr das Umfeld, in dem man groß wird, den eigenen Werdegang beeinflusst. Sie ist aber auch die, die ein Gleichgewicht herstellt zum zu positiv, zu schillernd, zu amüsant dargestellten Zuhälter Klaus. Denn am Ende sind es dann doch Frauen wie sie, die die Männer im Griff haben und manipulieren statt umgekehrt.

So ist „Luden“ eine Serie, die mutig mit der Kiez-Vergangenheit spielt, sich einiges traut, über Grenzen geht und trotz einiger Klischeefallen, in die sie tappt, einen hohen Unterhaltungswert sowie Emotionen jeglicher Couleur mitbringt.

Previous post Joey DeMaio von Manowar: „Große Kunst braucht nun mal Zeit“
Next post Laura Lackmann: „Es ist natürlich Angst da, was falsch zu machen“