„Massive Talent“: Nicolas Cage zwischen Selbstironie und Irrsinn

„Massive Talent“: Nicolas Cage zwischen Selbstironie und Irrsinn

Beim Namen Nicolas Cage fallen einem vermutlich genauso viele gute wie schlechte Filme ein. Aus seinem Scheitern macht der Schauspieler nun einen seiner besseren Streifen, nimmt sich in „Massive Talent“ selbst aufs Korn. Für einen weiteren Oscar reicht das aber leider nicht.

Nicolas Cage hat in seinem Leben eine Menge Filme gedreht, einige davon avancierten in den 1990er-Jahren zum Kult. Unvergessen ist „Leaving Las Vegas“, wo er an der Seite von Elisabeth Shue den todessehnsüchtigen Autor und Säufer Ben spielt. Dafür erhielt er 1996 sogar einen Oscar. Oder David Lynchs Roadmovie „Wild at Heart“, in dem sich die Hauptfiguren Lula und Sailor auf eine gefährliche und emotionale Flucht begeben.

Weitere bekannte Filme mit einem grandiosen Nicolas Cage sind „Stadt der Engel“, „Im Körper des Feindes“ und die Komödie „Mondsüchtig“. Viele seiner anderen mehr als 100 Arbeiten aber schafften es dann nicht einmal ins Kino, erschienen höchstens auf DVD und Blu-ray. Doch auch dabei entstanden sehenswerte Werke wie „Mandy“ und „Pig“.

Kaum ein anderer Hollywood-Schauspieler drehte so viel wie Cage. Dabei war ihm oft egal, welch schrottiges Drehbuch man ihm vorlegte, schließlich muss er an vier Ex-Ehefrauen Alimente zahlen. Seit vergangenem Jahr ist Cage zum fünften Mal verheiratet, wird gerade zum dritten Mal Vater. Und auch sonst pflegte er über all die Jahre einen kostspieligen Lebensstil, weshalb es wohl schlicht nicht drin war, sich auf die faule Haut zu legen. Kürzlich sagte er im Interview mit dem Magazin „GQ“ offen und ehrlich, er habe viele Rollen nur angenommen, um seine Schulden in Millionenhöhe tilgen zu können.

Uneitles Leinwand-Comeback

Seinen letzten Auftritt im Kino hatte Cage 2011 im Marvel-Sequel „Ghost Rider 2: Spirit Of Vengeance“. Nun feiert der 58-Jährige sein Leinwand-Comeback mit viel Selbstironie, aber auch jeder Menge Irrsinn. „The Unbearable Weight of Massive Talent“ lautet der US-Titel der Komödie, die hierzulande unter dem verkürzten „Massive Talent“ in die Kinos kommt. Darin spielt Nicolas Cage einen gescheiterten Hollywoodstar, und zwar sich selbst.

Nic Cages (Nicolas Cage) Karriere liegt brach, seinen Zenit hat er schon vor langer Zeit überschritten. Gute Rollen werden ihm nicht mehr angeboten, sein letztes Vorsprechen bleibt ohne Erfolg. Dafür wachsen ihm die Schulden über den Kopf. So ganz will er sein Scheitern allerdings noch nicht wahrhaben. In den Selbstgesprächen, die er mit seinem jüngeren Ich führt, trauert er den alten Zeiten nach und beteuert immer wieder, dass er „nie weg gewesen ist“.

Unter anderem deshalb hat ihn seine Ehefrau Olivia (Sharon Horgan) verlassen und die gemeinsame Teenager-Tochter Addy (Lily Sheen) mitgenommen. Auch sie ist von der Film-Begeisterung ihres Vaters und seinen alten Geschichten nur noch genervt. Jetzt droht Nic obendrein der Rauswurf aus dem Apartment, in dem er seit der Trennung lebt und für das er seit einer halben Ewigkeit keine Miete mehr gezahlt hat. Damit bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich den Dingen endlich zu stellen.

Und so nimmt Nic notgedrungen das einzige Angebot an, das sein Agent (Neil Patrick Harris) für ihn in petto hat: Der spanische Geschäftsmann Javi (Pedro Pascal) bietet eine Million Dollar dafür, dass sein großes Idol als Stargast auf seiner Geburtstagsparty aufschlägt. Kurz nachdem Nic auf Mallorca eingetroffen ist, wird er vom CIA kontaktiert. Die Agenten Vivian (Tiffany Haddish) und Martin (Ike Barinholtz) eröffnen ihm, dass sein sympathischer Superfan ein international agierender Waffenhändler sei, der die Tochter eines Politikers entführt hat. Nic soll herausfinden, wo er sie versteckt hält. Nun ist sein Schauspieltalent gefragt, um nicht nur das Leben des Mädchens, sondern auch das seiner eigenen Familie zu retten.

Sucht nach Ruhm und Anerkennung

Nicolas Cage spielt Nicolas Cage, wie es sonst wohl niemand gekonnt hätte. Dabei ist er keinen einzigen Moment eitel, spielt mit seinem ständigen Eifern nach Ruhm und Anerkennung und der Angst, in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. So entstehen unterhaltsame Momente, witzige Dialoge und ans Herz gehende Szenen, in denen man Cage in all seiner Verzweiflung einfach gernhaben muss.

Wenn sich „Massive Talent“ dann aber von einer Satire zum Actionfilm entwickelt, beginnt er zu schwächeln. Die Story vom geläuterten Mann in der Midlife-Crisis ist vorhersehbar, und auch die Geschichte um Javi wartet nur mit wenigen Überraschungen auf. Und so gestaltet sich das Ganze dann als nur mäßig gelungene Hommage an Cages Action-Hochzeiten in den 1990er-Jahren.

Am Ende wünscht man sich, Regisseur Tom Gormican und sein Co-Autor Kevin Etten wären bei der Bromance zwischen Nicolas und Javi geblieben und hätten die gesamten 107 Minuten mit den intelligenten und witzigen Gesprächen über Filme, das Altern und das Scheitern gefüllt, mit denen alles begann. Für echte Nicolas-Cage-Fans ist „Massive Talent“ aber sicher auch so ein Muss, denn immer wieder gibt es Hinweise auf seine größten (Miss-)Erfolge und Insider-Gags, die den Star von einem der besten Schauspieler Hollywoods zu einem der sympathischsten werden lassen.

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