MOBY – Melancholischer Surrealist

MOBY – Melancholischer Surrealist

Erst 2008 veröffentlichte Moby mit »Last Night« Album Nr. 8. Knapp ein Jahr später steht auch schon Longplayer Nr. 9 bereit. Wer jedoch hofft, der New Yorker fröne weiterhin seiner wiederentdeckten Leidenschaft für 90er-Jahre-Ravesounds, der wird enttäuscht. Gab es nach dem eher poppigen Vorgänger »Hotel« mit »Last Night« ein Album, das musikalisch an Zeiten von Klassikern wie »Go« oder »Feeling So Real« erinnerte, werden diesmal eher ruhige, ja beinahe besinnlich-atmosphärische Töne angschlagen.

»Wait For Me« ist ein – wie es der Künstler selbst betont – sehr persönliches, fast intimes Album geworden. So schert es ihn auch nur bedingt, ob es sich am Ende verkauft oder nicht: »Ich habe ein Appartement mit zwei Schlafzimmern. In dem einen schlafe ich, in dem größeren befindet sich mein Studio. Und so ist auch dieses Album praktisch im Schlafzimmer entstanden, es ist dafür gemacht, allein oder zu zweit gehört zu werden. Also nicht die Art von Platte, die man während einer Party spielt. Ich wollte ein Album machen, das ich selbst auch gern daheim hören würde, allein an einem Sonntagmorgen, wenn es draußen regnet. Ich denke, ich wollt etwas melodischeres, sympathischeres abliefern.«

Und so gibt es hier Richard Melville Hall von seiner Electronica-Seite im Stile von »Why Does My Heart Feel So Bad«. Melancholisch bis schwermütig, ja nahezu tragisch. »Aus irgendeinem Grund liebe ich traurige, melancholische und grüblerische Musik«, erklärt Moby diesen Stilwechsel. Auf der einen Seite berührend, auf der anderen für Freunde seiner tanzflurorientierten Nummern eher ein wenig verstörend. Ein Album wie ein David-Lynch-Film. Und dieser Vergleich kommt nicht von ungefähr, war es doch der Kultregisseur (»Blue Velvet«, »Lost Highway«, »Mulholland Drive«, »Twin Peaks«), der Moby zu diesem Werk inspirierte. »Ich mag all seine Sachen, und ich respektiere und bewundere seine Kreativität. Ich mag es, dass er Filme macht, die nicht unbedingt ein großes Publikum ansprechen«, erklärt er, auf seine Leidenschaft für den Meister des surrealen Films angesprochen. Ihn dann auch gleich als Regisseur für den Clip zur ersten Singleauskopplung mit dem wenig lebensbejahenden Titel »Shot In The Back Of The Head« zu gewinnen, war leichter als man zunächst denken mag. »Ich habe ihm den Song geschickt und ihn gefragt, ob er irgendwelches Filmmaterial habe für einen Clip dazu. Schon fünf Tage später sendete er mir dann eine fertige Animation zurück. Was für ein Glück. Okay, dieses Video ist sicher keines von denen, die besonders häufig bei MTV gezeigt werden, aber das ist völlig in Ordnung für mich.«

Für das Album selbst erfuhr der Mann, der in der Lower East Side von Manhatten zuhause ist, Unterstützung von diversen Damen aus seinem Freundeskreis, die Vocals beisteuerten. Und auch er selbst griff für den beinahe uplifting Titel »Mistake« wieder zum Mikrofon. Dabei mag er seine Stimme gar nicht so besonders: »Wenn ich Songs schreibe, dann immer mit der Vorstellung, dass sie jemand anders singt. Ich selbst übernehme das nur, wenn ich überhaupt niemanden dafür finde.« Doch Moby wäre nicht Moby, wenn er nicht schon Pläne für den nächsten Longplayer schmieden würde. Und so sind die kommenden Monate im Leben des Richard Melville Hall bereits wieder vollgepackt und durchgeplant: »Ich toure sehr viel die nächste Zeit und werde hoffentlich bald mein nächstes Album fertigstellen. Wann es dann veröffentlicht wird, weiß ich allerdings noch nicht.« Und während Moby mit »Last Night« auf DJ-Tour war, soll es mit »Wait For Me« im Gepäck wieder diverse Live-Shows geben. Ob er auch bei uns einkehrt, steht derzeit allerdings noch nicht fest. Wir hoffen es und halten euch auf dem Laufenden.

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