Morgen vielleicht

Morgen vielleicht

Ich habe immer viele tolle Ideen und Pläne – meist früh morgens, wenn ich die ersten zwei Minuten nach dem Aufstehen noch voller Tatendrang bin. Oder spät abends, dann vermutlich angetrunken. Dann möchte ich viele Dinge ändern. Nicht nur besser machen, sondern komplett ändern. Ein Buch schreiben zum Beispiel. Oder „wenigstens“ ein Drehbuch. Damit möchte ich reich und berühmt werden. Wobei mir reich schon genügen würde. Aus dem Fame-Alter bin ich inzwischen raus, das wäre mir zu anstrengend. Ich würde auch gern zwei Kilo abnehmen, vielleicht durchs Joggen. Ja, das würde ich wirklich gern wieder tun. Wie auch mich gesünder ernähren und weniger Alkohol trinken. Diesen Herbst und Winter möchte ich nicht wieder nach Feierabend in Untätigkeit verfallen und ausschließlich beim Gucken irgendwelcher Serien auf dem Sofa vergammeln. Lieber will ich raus gehen und meine sozialen Kontakte pflegen, vielleicht Kultur genießen. Mehr oder überhaupt mal verreisen würde ich super gern. Ferne Länder sehen, neue Kulturen kennenlernen. Und eigentlich wäre ich auch gerne selbständig. Also so richtig. Etwas machen, das ich nur für mich tue, und maximal noch für jemanden, den ich beschäftige. Nicht länger Bittsteller sein, sondern selbst das Sagen haben. Das wäre doch toll.

Wären da doch bloß nicht all die möglichen und unmöglichen Ausreden. Ein Buch schreiben? Ja aber worüber denn? Und ein Drehbuch? Wer soll das dann verfilmen? Ein Buch, ja das kann man zur Not noch selbst verlegen, doch will das dann überhaupt jemand lesen? Und so ein Drehbuch? Selbst einen Film drehen? Wohl eher nicht. Und das mit dem Joggen ist ja auch so eine Sache. Wann denn? Ich hab ja so wenig Zeit. Noch weniger als Zeit habe ich Lust. Das gilt auch für die gesündere Ernährung. Kochen? Viel zu viel Arbeit, und ich kann das ja auch gar nicht – weil ich es nicht können will. Es langweilt mich. Eigentlich langweilt mich Essen auch, wenn nicht genug Zucker und/oder Fett drin ist. Und weniger Trinken klar, aber wie ertrage ich dann all die Besoffenen um mich herum? Dann werde ich doch zum Sozialautisten. Der werde ich allerdings eh, denn es wird jetzt ja früh dunkel. Da bleib ich doch lieber daheim. Es ist kalt, nass und sicherlich auch sehr gefährlich da draußen. Und ich muss ja auch morgen wieder zur Arbeit. Deswegen habe ich auch keine Zeit zu reisen, ich muss ja Geld verdienen. Ach ja, das mit der Selbständigkeit. So richtig? Dann habe ich doch noch weniger Zeit zum Verreisen, was ich allerdings ja auch jetzt schon nicht tue. Und von welchem Startkapital soll ich mich selbständig machen? Und noch wichtiger: Womit überhaupt? Schmuckdesign? Babywäsche? Gesundheitsschuhe?

Ach, das ist mir doch irgendwie alles zu kompliziert. Also gehe ich schlafen. Vielleicht habe ich ja in den zwei Minuten nach dem Aufstehen morgen Früh endlich die zündende Idee oder wenigstens so richtig Bock, joggen zu gehen.

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