Pantha Du Prince – Drei sind keiner zu viel

Pantha Du Prince – Drei sind keiner zu viel

2011 wurde Hendrik Weber aka Pantha Du Prince für sein viertes Werk »Black Noise« mit dem Echo-Kritikerpreis ausgezeichnet. 2013 folgte mit „Elements Of Light“ eine Zusammenarbeit mit The Bell Laboratory, einem Konglomerat aus dem norwegischen Komponisten Lars Petter Hagen und sechs Musikern. Moderne Studiotechnik trifft auf archaische Musikkultur, inspiriert vom Glockenspiel des Osloer Rathauses. Nun steht mit »The Triad« eine neue Langspielplatte Webers bereit, die dem Titel entsprechend Tracks präsentiert, die alle in Dreierkonstellationen mit anderen Musikern entstanden sind. Hendrik selbst hat im Interview das außergewöhnliche Produktionskonzept erklärt, aber auch, dass es eigentlich doch gar kein Konzept ist.

»Es gibt viele Gründe, warum ich bei der Drei gelandet bin. Oft ist es aber so, dass man, während man in so einem Prozess drinsteckt, etwas sucht, dass das Ganze am besten beschreibt. Dieses Dreier-Ding war schon ganz lange eine Motivik, die sich durchgezogen hat. Mir ging es darum, wie konkrete Utopien zu ermöglichen sind – und dabei besonders die Utopie der Förderung sich selbst erhaltender Zustände. Sich selbst erhaltende Zustände sind meist eben Dreierkonstellationen«, erklärt Hendrik den philosophischen Ansatz des neuen Albums. »Das ist eine grundsätzliche Kraftstruktur, die immer zu etwas führt. Dazu, dass sich etwas neu bilden kann. Es ist die Voraussetzung für sich konkret umsetzende Visionen. Es gibt viele Beispiele in Literatur und Philosophie, an die man da andocken kann. Als ich dann rekapituliert habe, was während der Aufnahmen so passiert ist, war das auch noch mal ein ganz konkretes Bild. Wir waren wirklich immer zu dritt in irgendwelchen Räumen.« Das scheint dafür zu sprechen, dass dieses Dreierbild kein Konzept, sondern eher eine Entwicklung war, bei der sich am Ende einfach alles ganz wunderbar zusammengefügt hat. »Das ist bei mir immer so. Man bewegt sich in etwas hinein, einen Themenbereich, in dem Fall in eine neue Form von Zivilisation. Wie kann ich soziales Leben neu organisieren, sodass es sich selbst erhält und nicht zerstörerisch wird? Mir ist aufgefallen, dass mir dieses Auftreten zu dritt – auch auf der Bühne – die Möglichkeit gibt, mich auch mal zurückzuziehen. Zwei beschäftigen sich miteinander, der Dritte beobachtet und reflektiert, was zwischen den zwei anderen passiert. Dadurch ist eine konstante Bewegung im Raum. Und genauso ist das im Studio auch passiert. Man bleibt einfach immer im Fluss.« So war keine der Dreierkonstellationen vorab einer großen Planung unterworfen. Eher kam vieles so, wie es eben kommen sollte. Sich immer wieder durchmischend und wechselnd dabei waren Joachim Schütz, Stephan Abry, Scott Mou, Bendik Hovik Kjeldsberg, Kassian Troyer und Thilo Kuhn. Ebenfalls immer mit im Studio: Empathie und Improvisation. »Es funktioniert oft gar nicht über Worte, sondern man hat eher ein Gespür dafür, wer gut zusammenpassen könnte. Vieles findet sich einfach durch Zufälle. Aber das Zulassen des ,sich Findens’ hat eine große Präsenz und ist kein gedanklicher Prozess. Wenn sich was nicht ergibt oder es irgendwo hakt, dann ist es das vielleicht einfach nicht. Es ist kein verbales und kein konzeptioniertes Vorgehen, auch wenn es am Ende dann als Paket erscheint – wie bei ‚Black Noise‘, ‚Elements Of Life‘ und jetzt eben auch ‚The Triad‘.«

Dennoch wirkt die unbewusste Entscheidung, die Dinge gemeinsam mit anderen Menschen im Studio entstehen zu lassen, wie ein Gegenentwurf zu »Black Noise«, das seinerzeit als reines Soloprodukt entstand. Und dieser Eindruck trügt laut Hendrik nicht, wirft aber die Frage nach dem Warum auf. »Ich hatte Lust auf soziales Leben. Darum geht es auch auf der Platte. Eine Auseinandersetzung zwischen Menschen – und nicht eine Auseinandersetzung zwischen Mensch und Maschine. Es ist eher die Kombination aus Zwischenmenschlichkeit und Maschine, durch die man den Zugang zur Maschine auch wieder neu reflektiert. So bekommt man wieder eine Autonomie gegenüber der Maschine. Wenn du allein vor ihr hockst, wirst du von ihr und ihren Möglichkeiten vereinnahmt. Und das finde ich so wichtig: Das Interagieren mit Menschen, anstatt vor einem Screen zu sitzen – wie telefonieren, statt E-Mails schreiben –, hat auch eine gesellschaftliche Notwendigkeit. Es geht oft nur noch darum, irgendwelche Informationen auszutauschen, in denen nichts weiter steckt. Das hat mir nicht mehr zugesagt. Ich habe an mir selbst festgestellt, dass ich das nicht als gesund oder lustig empfinde. Du musst schon konkret sagen: ‚Lass mal telefonieren, lass mal treffen, lass mal was machen.‘ Die Menschen wehren sich ja mit Händen und Füßen gegen Kontakt, weil es anders einfacher ist. Aber dann entsteht nichts mehr. Wir brauchen eine neue Form des Zusammenlebens. Ich glaube nicht, dass das solitäre ,Vorsichhinexistieren’ funktionieren kann. Ich glaube nicht, dass die Singlewohnung und das Einfamilienhaus die Lösung sind.« Neue Form des Zusammenlebens bedeutet also eher, eine Community zu schaffen, sein digitales Schneckenhaus zu verlassen, um dauerhaft Menschen um sich zu scharen. »Es geht darum, knallharte Bezugspunkte zu haben. Letztendlich saß ich natürlich trotzdem stundenlang allein vor den Stücken“, lacht Herr Weber. „Das Finalisieren hatte ich allein in der Hand. Es ging immer eher ums Reinwerfen von Ideen. Ich habe die Impulse, die Skizzen reingeben, aber da wollte ich eben schon früher ansetzen, statt es erst am Ende von irgendwem abmischen zu lassen.«

Am Ende ist »The Triad« also doch ein echtes Soloalbum und dabei kein verkopftes, schwer zugängliches Werk. Es ist weniger reduziert als vorherige Veröffentlichungen und weniger experimentell. Das birgt Möglichkeiten, aber auch Risiken. Die Möglichkeit, neue Leute für seine Musik begeistern zu können. Das Risiko, alteingesessene Anhänger zu verprellen. »Ich kann verstehen, wenn es manchem zu viel ist. Ich denke aber, dass auch die, die schon länger dabei sind, etwas für sich finden werden. Es sind ja immer noch auch reduziertere Stücke dabei.« Ergibt sich das vielleicht auch ein bisschen durch die Wahl des schlussendlichen Studiostandortes? Waren es bei »Black Noise« noch die Schweizer Alpen, war es bei »The Triad« das Studio des Bandkollektivs Metabolismus auf der Schwäbischen Alb. Ist die Vorstellung der völligen Zurückgezogenheit in die Welt der Milchkühe und Bergziegen eine allzu romantische? »Diese Orte haben eine Form von Magnetismus, dem folge ich gerne. Es ist auch hier keine bewusste Entscheidung, sondern ich bin dann halt plötzlich da. Zu verstehen, dass man ein biologisches Wesen ist, das den Impulsen und den Rufen der Natur folgt, ist zur Regeneration notwendig. In den Computer starren und Filme gucken – das sind sehr ätherische Welten und nicht gerade geerdete Dinge, die mit einem abgehen. Beim Musikmachen setzt die Natur viel frei, gerade in Sachen Konzentration. Ein großer Teil der Arbeit fand aber auch in der Stadt statt – es ist ja immer noch auch eine urbane Musik, das darf man nicht vergessen.« Wie urban, wird sich nun wieder auf Tour zeigen. Natürlich ist man auf dieser zu dritt unterwegs, bespielt Events wie das X-Jazz Festival in Berlin und die Münchner Kammerspiele sowie zahlreiche Festivals, darunter Primavera Sound in Barcelona, Dour Festival in Belgien und Ruhrtriennale in Bochum. Alle Tourdaten gibt es auf der Website von Pantha Du Prince.

www.panthaduprince.com

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