„Ratched“: Bunter Horrortrip mit Starbesetzung

„Ratched“: Bunter Horrortrip mit Starbesetzung

Filmfans ist Mildred Ratched schon seit den 1970er-Jahren ein Begriff. Nun ist sie Titelfigur der bonbonbunten Netflix-Serie von „American Horror Story“-Showrunner Ryan Murphy, in der Sarah Paulson die Rolle der geheimnisvollen und tyrannischen Krankenschwester übernimmt.

45 Jahre ist es her, dass Mildred Ratched erstmals auf der Leinwand erschien. Damals war sie eine Nebenrolle in Milos Formans Kultfilm „Einer flog über das Kuckucksnest“. Louise Fletcher, die die tyrannische Krankenschwester spielte, bekam 1976 dafür einen Oscar. In der neuen Netflix-Serie „Ratched“ schlüpft nun Sarah Paulson in die türkisfarbene Schwesternkluft der Psychatrieangestellten.

„Ratched“ ist ein Prequel zu dem Film, der für Jack Nicholson den Durchbruch markierte. Die Ereignisse der Serie von „American Horror Story“-Showrunner Ryan Murphy und Mitentwicklerin Sarah Paulson sind 15 Jahre vor den Ereignissen des Films datiert.

Es ist 1947, als sich Mildred Ratched an einer führenden psychiatrischen Anstalt im Norden Kaliforniens bewirbt. Dort führt Klinikleiter Dr. Hanover wahrlich verstörende Experimente am menschlichen Gehirn durch. So perfekt Mildred als Krankenschwester zunächst auch scheint, umweht sie stets eine düstere Aura, deren Ursprung sich erst nach und nach enthüllt. Und sie ist nicht die einzige geheimnisumwobene Figur in diesem Horrordrama und Paulson auch nicht das einzige wohlbekannte Gesicht. „Ratched“ präsentiert sich hochkarätig besetzt mit Sharon Stone, Cynthia Nixon, Judy Davis, Amanda Plummer und einigen mehr.

Optik und Inhalt in spannendem Kontrast

Doch nicht allein das Staraufgebot macht „Ratched“ zu einem absoluten Netflix-Highlight, dem man zumindest in den ersten Folgen allerdings eine gewisse Oberflächlichkeit vorwerfen könnte. Es dauert eine Weile, um mit Mildred und den übrigen Rollen warm zu werden, denn einen Sympathieträger oder eine Identifikationsfigur gibt es zunächst nicht. Erst wenn Mildreds Geschichte in die Tiefe geht, die lesbische Gwendolyn Briggs in ihr Leben tritt oder Schwester Betsy Bucket menschliche Regungen und Schwächen zeigt, gewinnt die Serie auch emotional an Fahrt. Zuvor hat sie vor allem manchen unangenehmen Schockmoment zu bieten.

Mildred Ratched bleibt einem in den ersten Folgen also fremd, doch es ist ein Leichtes, trotzdem am Ball zu bleiben. Denn neben dem Showrunner und der Hauptdarstellerin hat „Ratched“ mit „American Horror Story“ noch etwas gemeinsam, und das ist der fantastische Look. Kostüm und Ausstattung haben ganze Arbeit geleistet, das Bonbonbunte steht im spannenden Kontrast zum düsteren Inhalt der Geschichte. Hier sitzt die Schwesternuniform perfekt, keine Requisite steht ohne Grund herum und jedes Detail erzählt eine Geschichte.

Der homosexuelle Ryan Murphy hat es sich zudem auch dieses Mal nicht nehmen lassen, einige queere Handlungsstränge einzuflechten. Ein Thema, das in den Nachkriegsjahren in den USA mehr als tabu war. Und selbst 1975 noch, als „Einer flog über das Kuckucksnest“ gedreht wurde. Eigentlich war Hauptfigur Ryan McMurphy in der Buchvorlage von 1962 nämlich als Homosexueller erzählt worden, der seine Neigungen unterdrückt. Für den Film strich man dieses nicht unwichtige Detail kurzerhand.

Netflix war offenbar im Vorfeld bereits derartig überzeugt von dem Projekt „Ratched“, dass bereits vor dem Start der Serie und ihrem – absehbaren – Erfolg klar ist, dass es eine zweite Staffel geben wird. Etwas, worauf man sich nach dem Schauen der ersten freuen kann, sind einem die Figuren trotz oder gerade aufgrund all ihrer dunklen Geheimnisse doch noch irgendwie ans Herz gewachsen.

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