Respekt ist eine Zier …

Respekt ist eine Zier …

WM-Interesse hin oder her, das Interview mit Peer Mertesacker nach dem nervenaufreibenden und für alle mehr oder weniger Beteiligten anstrengenden Achtelfinalspiel gegen Algerien macht eins deutlich: Respekt ist eine Zier … Gerade bei Sportjournalisten, die sich vermutlich – wie viele andere der Schreibzunft – gegen die mannigfaltige Konkurrenz durch investigative Fragerei durchsetzen müssen. Die glauben, wenn sie nur richtig fiese Dinge sagen, wird der Sender sie zwecks Quote wieder buchen. Polarisieren bedeutet Karriere, Gleichförmigkeit den Tod.

Doch wo hört investigativer Journalismus auf und fangen Unverschämtheit und Respektlosigkeit an? Einen abgekämpften Fußballer aus Mitteleuropa nach 120 Minuten Rennerei in brasilianisch-klimatischen Verhältnissen und einem unter höchster Anstrengung errungenen Sieg nach den Schwächen in seiner Abwehr zu fragen, scheint mir doch weniger investigativ als provokativ. Möge sich das Gekicke der Nationalmannschaft in der ersten Halbzeit auch noch auf Regionalliganiveau befunden haben und ist die Aufstellung von Jogi Löw auch noch so bieder …

Wir haben am Ende ein spannendes Spiel gesehen und können nun noch einmal der Lust des – seltsamerweise so genannten – Public Viewings frönen, und trotzdem wird gemeckert. Weil der Deutsche darin besonders gut ist? Weil Menschen, die meckern, bei anderen Menschen, die meckern, besser ankommen? Weil sich meckernde Zuschauer nur von meckernden Journalisten verstanden und vernünftig repräsentiert fühlen?

Wenn es heute gegen Frankreich geht, kann es ganz schnell vorbei sein, das ist klar. Spott und Häme werden dann die Folge sein, insbesondere von jenen Fußballfans, die einen Ball maximal in Form ihres Bauches vor sich hertragen und in den letzten zwanzig Jahren einen Sportplatz gerade noch von der obersten Tribüne des Stadions aus gesehen haben.

Ich habe den Interviewer, Boris Büchler, übrigens mal gegoogelt. In der Süddeutschen Zeitung wurde er anlässlich der Fußball-EM 2008 als jemand benannt, der „kenntnisreich agiere und dadurch den Respekt der interviewten Fußballer gewänne“. Das ist nun acht Jahre her. Es scheint sich seitdem viel verändert zu haben.

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