„Run“: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

„Run“: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Zuletzt spielt Sarah Paulson in „Ratched“ eine Krankenschwester mit sadistischen Zügen. Auch in ihrer neuen Rolle als Mutter sind ihr diese nicht fern. Doch so gut ihre schauspielerische Leistung auch ist, über einige erzählerische Schwächen von „Run“ kann sie nicht hinwegtäuschen.

Nach Filmen wie dem preisgekrönten Drama „12 Years a Slave“ und dem hochkarätig besetzten Thriller „Glass“ von M. Night Shyamalan machte sich Sarah Paulson auch durch wiederkehrenden Auftritte im Serienhit „American Horror Story“ und als herzlose Krankenschwester Mildred Ratched in der Netflix-Serie „Ratched“ einen Namen. In „Run“ spielt die 46-Jährige nun eine Mutter, der vor allem ihre Tochter besser nicht trauen sollte.

Vor 17 Jahren bringt die von Paulson gespielte Diane Sherman Chleo (Kiera Allen) zur Welt. Chleo ist ein Pflegefall. Sie ist gelähmt, leidet an Diabetes, Asthma, Herzproblemen, Hautausschlägen und einer Reihe weiterer gesundheitlicher Beschwerden. So ist sie auf den Rollstuhl angewiesen und auch nicht in der Lage, die Highschool zu besuchen. Stattdessen wird sie daheim von ihrer Mutter unterrichtet. Soziale Kontakte hat Chleo neben Diane also so gut wie gar nicht, selbst der Zugang zum Internet bleibt ihr verwehrt.

Trotzdem träumt sie davon, ihrem Zuhause eines Tages in Richtung College entfliehen zu können. Ihr Drang nach Freiheit wird immer stärker und alsbald stellt sie so manches in ihrem Leben infrage, vor allem ihre Isolation und die vielen Medikamente, die sie jeden Morgen auf Drängen ihrer Mutter zu sich nehmen muss. Und das ist nicht das Einzige, das Diane in Chleos Leben akribisch überwacht und kontrolliert.

Suspense mit Abstrichen

Einem „True Crime“-Liebhaber könnte an dieser Stelle bereits schwanen, wo das Problem im Hause Sherman liegt. Und genau das ist die größte Schwäche des von Aneesh Chaganty inszenierten Films „Run“: die Vorhersehbarkeit der Ereignisse. Das liegt eben auch an der inhaltlichen Nähe zu einem bekannten Fall, der in Podcasts, Dokumentationen und Nacherzählungen bereits ausführlich besprochen wurde. Um Spoiler zu vermeiden, lassen wir das einfach mal so stehen, ohne Namen zu nennen.

Orientiert hat sich Chaganty aber sicherlich auch an der Stephen-King-Verfilmung „Misery“, bei der Isolation durch körperliche Beeinträchtigung und ein Machtgefälle ebenso eine Rolle spielten. Und so weist „Run“ an einer Stelle sogar eine namentliche Referenz zum Vorbild mit Kathy Bates in der Hauptrolle auf.

Zwar gelingt es Aneesh Chaganty durchaus, an der einen oder anderen Stelle Spannung zu erzeugen. Das geschieht dann durch harte Schnitte, ein hervorragendes Sounddesign, die tolle Ausstattung und die beklemmende Filmmusik von Torin Borrowdal. Doch ist oft die Luft zu schnell wieder raus. Zudem wirken die Ereignisse manches Mal konstruiert und die Geschichte beziehungsweise ihre Figuren verlieren an Glaubwürdigkeit.

Die schauspielerischen Leistungen von Sarah Paulson und Kiera Allen, die übrigens wirklich im Rollstuhl sitzt, gleichen einige Schwächen des Films allerdings wieder aus. Und ein weiteres Ass im Ärmel hat „Run“ dann auch noch, und zwar in Form einer Wendung, die tatsächlich zu überraschen vermag. Für dunkle, kalte Wintertage mitten im Lockdown ist der Film im Heimkino also keine völlige Fehlentscheidung.

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