Zeit für einen Wechsel

Zeit für einen Wechsel

WhatsApp ist der Teufel, Facebook sowieso. Und deswegen wechseln wir jetzt alle zu Threema und/oder Telegram, posten das dann bei Facebook, damit Mark Zuckerberg weiß, was er sich als Nächstes einverleiben muss. Im Grunde haben wir jetzt aber einfach nur zwei Kanäle mehr, bei denen wir unter Dauerbeschuss stehen und nichts und niemandem mehr ausweichen können. Da nicht alle Freunde und Bekannte beim Wechsel mitmachen, bleibt WhatsApp natürlich trotzdem installiert. Sehr effektiv.

Loslassen ist eben nicht so einfach, gerade wenn echte Alternativen fehlen. Würde sonst wohl Schwarz/Rot regieren? Man möchte auch gar nicht wissen, wie viel Beziehung beendet wären, täte sich nur etwas Besseres auf. Und sicherlich wären dem ADAC weit mehr als schlappe 15.000 Mitglieder abgesprungen. Aber wer möchte bei einer Panne schon fünf Stunden auf den ACE warten? Auch hätte heute schon jeder Ökostrom von fairen Anbietern, satt Atomstrom vom bösen Großkonzern. Ist eigentlich noch jemand bei Google+? Und ich meine, NUR bei Google+. Klamotten einkaufen in Läden, die in Billiglohnländern ihr Zeug herstellen lassen, ist politisch schon lange nicht mehr korrekt. Trotzdem macht in unserer Stadt gerade die nächste, beeindruckend große Primark-Filiale auf. Nutella und weitere Produkte des schönen Lebens verwenden Palmöl, schänden damit den Regenwald und gehören ebenfalls auf die NoGo-Liste. Vom Zucker- und Fettgehalt mal ganz abgesehen. Wasserenthärter und Bleichmittel in Waschpulver verseuchen die Umwelt. Und überhaupt alles, was Nestlé so treibt, gehört abgestraft. Eine vegane, zucker- und kohlenhydratarme Lebensweise ist das einzig Wahre, und Bioprodukte sind weiter auf dem Vormarsch. Dass für den nächsten großen Biosupermarkt auch schon mal alteingesessene Cafés, familiengeführte Restaurants und kleinere Läden weichen müssen, steht dann auf einem ganz anderen Blatt.

Es gibt nicht viele Möglichkeiten, sich in der heutigen Zeit zu 100% politisch korrekt zu verhalten. Der Umzug in eine, aus natürlichen Abfallhölzern selbstgebaute Hütte mitten im Wald, könnte eine adäquate Lösung sein. In der fristet man dann sein Dasein in selbstgehäkelten Klamotten und fern ab jeglicher Zivilisation mit all ihren Tücken. Ernährt wird sich von allem, was der Wald hergibt, sofern es keine Augen hat. Wie man dann nur so ohne Handy und Internet den tollen Sonnenaufgang oder seinen selbst gemachten Beeren-Löwenzahn-Salat bei Facebook posten soll, weiß ich noch nicht.

Ich verabschiede mich in den Kölner Karneval und werde dort womöglich mehr als einmal das Kostüm, ganz sicher aber täglich die Unterwäsche wechseln. Und das ist schon mal mehr, als man in diesen Tagen sonst so erwarten kann.

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