Playlist: Zum 70. Geburtstag von Keith Richards

Playlist: Zum 70. Geburtstag von Keith Richards

Keith Richards gehört sicherlich zu den Menschen, bei denen man lange nicht geglaubt hätte, dass sie irgendwann mal ihren 70. Geburtstag erleben würden. Am allerwenigsten daran geglaubt hat womöglich Richards selbst, zumindest in gewissen Phasen seines bewegten Lebens. Als Leadgitarrist und Songschreiber der Rolling Stones gehörten einst Drogen und Alkohol zu seinem Tagesgeschäft wie das Bleistiftspitzen zu dem eines Buchhalters. Und genau das ist bei so manchem Musikerkollegen schon früh gehörig schief gegangen. Nicht so bei Richards, der bis heute als einer der bekanntesten und besten Gitarristen überhaupt gilt, beeinflusst von Leuten wie Bo Diddley, Scotty Moore, Muddy Waters und Chuck Berry.

Seine ersten musikalischen Schritte unternahm der im britischen Dartford aufgewachsene Richards allerdings als Mitglied des Knabenchors, der immerhin vor Queen Elisabeth II. einen Auftritt hinlegte. Möglicherweise leckte klein Keith seinerzeit bereits Blut und ihm gierte es nach weiteren geschichtsträchtigen Gigs. Nach dem mütterlichen Kauf seiner ersten Gitarre war Gesang für ihn schnell zweitrangig, und auch wenn er seinen späteren Bandkollegen Mick Jagger bereits zu Schulzeiten traf – wonach man sich wieder aus den Augen verlor – dauerte es eine Weile, bis das Ganze professionelle Wege einschlug. 1961 war es, als sich Jagger und Richards wiedertrafen, ins Gespräch kamen und feststellten, dass sie eine Leidenschaft teilten, den Blues. Über den Bluesmusiker Alexis Korner lernten sie dann wenig später auch Brian Jones und Ian Stewart kennen, was die Gründung der Rolling Stones zur Folge hatte. Im Juli 1962 bereits traten die vier erstmalig vor Publikum im Marquee Club in London auf, ehe Bill Wyman Ende des Jahres das Bandcast ergänzte und Charlie Watts es im Folgejahr vervollständigte.

Seit jeher war Richards maßgeblich am Sound der Stones beteiligt, sorgte mit Watts und Wyman für dir Rhythmussektion, ehe er Mitte der 60er gemeinsam mit Jagger mehr und mehr in den Mittelpunkt der Band rückte. Hunderte von Songs gehen auf sein Konto, Richards und Jagger zählen zu den erfolgreichsten Songwriter-Duos überhaupt. Und es war ein seiner Kreativität entsprungenes Riff, das den Grundstein zu einem der größten Stones-Hits legte. Die Rede ist natürlich von „(I Can Get No) Satisfaction“, das im Mai 1965 erschien, der vierte Nr. 1-Erfolg in UK und der erste in den USA wurde.

Leadgitarrespielen und Songwriting reichten Richards bald nicht mehr, und er brachte sich immer wieder auch gesanglich mit in den Sound der Rolling Stones ein. Der erste Solopart Richards’ findet sich auf dem 1965 erschienenen Album „December’s Children (And Everybody’s)“ beim Stück „Singer Not The Song“. Zwei Jahre später wurde Richards erstmalig in Sachen Drogen auffällig, als während einer Party in seinem Landhaus eine Razzia stattfand, bei der die Polizei überraschenderweise fündig wurde. Keith wurde wegen der Duldung von Drogenkonsum in seinem Haus zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Bei der Berufungsverhandlung wurde er allerdings freigesprochen. Klingt fast amüsant vor dem Hintergrund, dass er in den 1970er-Jahren heroinabhängig war, was ihm so einige weitere Konflikte mit dem Gesetz und diverse Verurteilungen einbrachte. Nach einigen, leider erfolglosen Entziehungskuren war es 1979 aber so weit und Richards entsagte dem Heroin. Immerhin, denn Kokain, Beruhigungsmittel und Alkohol waren weiterhin seine treuen Begleiter. Er selbst erklärt den Umstand des Überlebens damit, dass er immer auf beste Qualität achtete und auch mit der Dosierung vorsichtig war. In diesem einschneidenden Jahr stand er dennoch auf der Bühne, u.a. bei zwei Shows mit der von Kollege Ron Wood gegründeten Kurzzeit-Live-Band The New Barbarians, die insgesamt knapp 20 Shows spielte. In ähnlicher Besetzung hatte man schon 1974 als The First Barbarians zwei Auftritte in London absolviert.

Mitte der 1980er schließlich gerieten die Stones musikalisch in eine Krise. So richtig wollte es zwischen Richards und Jagger nicht mehr laufen. Letzter verspürte wenig Lust, mit der Band weiter zu machen, und Richards gründete daraufhin die X-Pensive Winos, die 1988 mit „Talk Is Cheap“ ein Album veröffentlichten und auf Tour gingen. Nach einer ersten Single namens „Run Rudolph Run/The Harder They Come“ in 1978 die einzige Soloarbeit Keith Richards’. Der große Erfolg blieb allerdings auch 1988 aus, bei beiden Stonies, so dass man aus der Not eine Tugend machte, sich versöhnte und kurze Zeit später mit „Steel Wheels“ ein neues Stones-Album releaste. Zwar folgte 1992 ein zweiter X-Pensive Winos-Langspieler, bei dem Richards wieder als Sänger und Gitarrist auftrat, doch damit starben seine Soloambitionen dann auch – sehen wir von einigen Auftritten an der Seite anderer Kollegen wie Bob Dylan und einigen Tribute-Konzerten einmal ab. Für Gitarreneinlagen bei Aufnahmen befreundeter Künstler hingegen war Richards immer wieder zu haben. So konnten sich Ron Wood, Peter Tosh, Tom Waits, Aretha Franklin und viele mehr über sein Zutun freuen. Und auch als Schauspieler war Richards tätig, wenn auch in überschaubarem Maße. Nachdem Johnny Depp mehrfach öffentlich geäußert hatte, für seine Rolle des Jack Sparrow von Richards inspiriert worden zu sein, übernahm dieser im dritten und vierten Teil der „Fluch der Karibik“-Reihe die Rolle von Sparrows Vater.

1998 mussten die Stones ihre geplante Tour absagen, nachdem Richards von einer Leiter gestürzt war. Und auch 2006 gab es nach einem ungeschickten Unfall seinerseits auf den Fidschi-Inseln Verzögerungen im Tourplan. Ihm wurde ein Blutgerinsel aus dem Gehirn entfernt. Aufgrund der seither nötigen Blutgerinnungsmedikamente entsagte Richards umgehend und seither konstant dem Kokain. Ob der spätere Einwurf, viele der Drogengeschichten nur zugunsten der Rock ’n’ Roll-Legendenbildung erfunden zu haben, der Wahrheit entspricht, bleibt wohl sein Geheimnis. Fakt ist, dass Richards trotz allem heute seinen 70. Geburtstag feiert und auf ein beachtliches Lebenswerk zurückblicken kann. Erst in diesem Jahr erschien das gemeinsam mit Tom Waits interpretierte „Shenandoah“, aufgenommen für den Sampler „Son of Rogue’s Gallery: Pirate Ballads, Sea Songs & Chanteys“. Und dazu trinken wir einen – auf die nächsten 70 Jahre Keith Richards …

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