In Michael Bays „Ambulance“ gibt es nicht nur Jake Gyllenhaal in einer der drei Hauptrollen zu sehen, sondern auch eine rasante Verfolgungsjagd durch L.A. und jede Menge Explosionen. Leider sind es dann doch ein paar zu viele …
Wer in einen Film von Michael Bay geht, erwartet knallharte Action. Dass der Regisseur dieses Genre verinnerlicht hat, beweist er seit Mitte der 1990er-Jahre immer wieder – unter anderem mit Filmen wie „Bad Boys“, „The Rock“, „Armageddon“ und natürlich der „Transformers“-Reihe. Statt wie bei Letzterer auf viel CGI zu setzen, hat sich der 57-Jährige für sein neues Werk „Ambulance“ wieder dem klassischen Actiondreh-Handwerk gewidmet. Eigentlich keine schlechte Sache, doch geht das Ganze trotz beziehungsweise wegen der zahlreichen Knalleffekte nicht so recht auf.
Der Plot ist schnell erklärt. Danny (Jake Gyllenhall) ist ein erfahrener Bankräuber aus einer Art Bankräuber-Dynastie und plant in seiner Heimatstadt Los Angeles den ganz großen Coup. Der Überfall steht unmittelbar bevor, als ihn sein Adoptivbruder Will Sharp (Yahya Abdul-Mateen II) um Hilfe bittet. Der Afghanistan-Veteran braucht Geld für die dringend notwendige Krebstherapie seiner Frau, die die Krankenkasse nicht übernehmen will. Und dann geht alles ganz schnell. Binnen weniger Minuten ist er Teil des Teams, doch läuft in der Bank alles schief, was schieflaufen kann. Die Räubertruppe wird nach und nach dezimiert, und als letzte Überlebende sind Danny und Will mit 16 Millionen gestohlenen Dollar auf einer atemberaubenden Flucht vor der Polizei. In einem eher zufällig „beschlagnahmten“ Krankenwagen samt Rettungssanitäterin Cam (Eiza Gonzalez) und einem von Will angeschossenen Polizisten rasen sie quer durch L.A.
Vorlage kommt aus Dänemark
Die Idee, einen Großteil der Story in der Enge des Krankenwagens spielen zu lassen, ist gut, allerdings nicht von Bay selbst. Vorlage des Hollywood-Remakes ist der 2005 erschienene Film „Ambulancen“ vom dänischen Regisseur Laurits Munch-Petersen, der auf Netflix abrufbar ist. Dass dieser Streifen nur gut 75 Minuten Spielzeit mitbringt, Bays hingegen eine ganze Stunde länger ist, zeigt schon einen Teil des Problems. Denn das Action-Spektakel ist schlicht zu lang. Der Plot ist, wie erwähnt, simpel. Zu simpel, um ihn über eine solche Strecke zu ziehen.

Nach einer kurzen und emotionalen Einführung der drei Hauptfiguren geht es gleich ordentlich zur Sache, und dem Zuschauer wird kaum eine Verschnaufpause gegönnt. Ständig verunfallen und explodieren rechts und links des Krankenwagens die Muscle-Cars des LAPD, Hubschrauber fliegen atemberaubende Manöver. Dass die Polizei die beiden Bankräuber mit einer derartigen Verbissenheit jagt, anstatt einfach zu warten, bis ihnen das Benzin ausgeht, wird mit dem verletzten Streifenpolizisten an Bord erklärt. Dass drumherum allerdings zahlreiche andere Cops dafür ihr Leben lassen, scheint dann keine Rolle zu spielen. Und während Danny mehr und mehr die Nerven verliert, muss Geisel Cam ihre behalten und das Leben des Angeschossenen retten. Das geht sogar so weit, dass ihr zwei gerade noch Golf spielende Trauma-Spezialisten per Videochat zugeschaltet werden, um ihr entsprechende Anweisungen für einen – im wahrsten Sinne des Wortes – heiklen Eingriff zu erteilen.
Zwischen Schwindel und Redundanz
„Ambulance“ bietet spannende Momente und schwindelerregende Sturzflüge der etwas zu häufig eingesetzten Kamera-Drohnen. Diese Idee gefiel Bay und Kameramann Roberto de Angelis wohl besonders gut. Spektakuläre Stunts und jede Menge Blechschäden halten den Puls des Zuschauers zusätzlich oben, ehe es dann auch hier redundant wird. Nach etwa eineinhalb Stunden ist die Story im Grunde auserzählt, doch wird immer noch eins draufgesetzt. Bilder und Szenen scheinen sich zu wiederholen, man verliert den Überblick und leider auch das Interesse. Die ständig nach vorn drückende Sound- und Musikkulisse, die dem Ganzen weiteren Drive verleihen soll, beginnt spätestens dann, an den Nerven zu zerren.
Zudem setzt Bay wieder auf Pathos, denn natürlich ist ein Afghanistan-Veteran nicht einfach nur ein mieser Bankräuber, sondern auch ein Retter und ein Verfechter hehrer Ziele. Auch wolle man mit „Ambulance“ den harten Alltag von Rettungssanitätern darstellen und ihrem harten Job huldigen, wie der Cast bei einer Pressekonferenz wenige Stunden vor der Deutschlandpremiere erklärte. Für Cam ist die Geiselnahme also quasi so etwas wie ein ganz normaler Dienstag.
Wem es als Action-Fan genügt, dass endlich mal wieder dieses und jenes mit viel Tamtam und im Stile heute angestaubter 90er-Actionfilme explodiert, der könnte an „Ambulance“ Gefallen finden. Bedauerlicherweise reicht das nicht für 136 Minuten uneingeschränktes Kinovergnügen, so schön alle drei Hauptdarsteller auch anzusehen sind. Mit Jake Gyllenhaal erfüllte sich Bay eigener Aussage nach einen schon länger gehegten Traum, für Eiza Gonzalez und Yahya Abdul-Mateen II hingegen soll dieser Film das Sprungbrett zur richtig großen Hollywood-Karriere sein. Beiden wäre es zu wünschen, denn sie machen ihren Job im Chaos der Überinszenierung wirklich gut.