Mit „Bullet Train“ gehen David Leitch und sein Cast um Brad Pitt in die Vollen. Mitten im ersten Lockdown entsteht ein rasanter Actionfilm mit viel Humor und tollen Figuren. Im Interview verraten die Beteiligten, was für sie selbst das Besondere an diesem Projekt gewesen ist.
Als die Dreharbeiten zu „Bullet Train“ mitten im ersten Lockdown 2020 begannen, war es David Leitchs erklärtes Ziel, mit seinem Actionspektakel die Menschen eines Tages zurück in die Kinos zu locken. Mehrere Auftragskiller verfolgen in einem japanischen Hochgeschwindigkeitszug ganz unterschiedliche Ziele und kommen sich dabei ordentlich in die Quere.
Dafür versammelte der Regisseur, der zuvor für Filme wie „John Wick“ und „Deadpool 2“ verantwortlich zeichnete, einen famosen Cast um sich, darunter Brad Pitt als glücklosen Auftragskiller Ladybug, Joey King als manipulative Der Prinz, Brian Tyree Henry und Aaron Taylor-Johnson als die „Zwillinge“ Lemon und Tangerine. Mit ihnen sprach ntv.de in Berlin über ihre Figuren, ihre Hoffnungen fürs Kino sowie die ungewohnten Schwierigkeiten bei diesem besonderen Dreh.
ntv.de: Worin bestand für Sie die größte Herausforderung am Set?
Brad Pitt: Das war definitiv das Covid-Protokoll. Wir waren einer der ersten Filme, die im Lockdown gedreht wurden. Davor mussten wir zwei Wochen zu Hause bleiben und uns auch während der Dreharbeiten isolieren. Wir wurden am Set getestet …
Joey King: … und zu dieser Zeit wurden einem die Teststäbchen noch bis ins Gehirn geschoben. Jeden Tag, inklusive sonntags.
Pitt: Einen Teil der Crew habe ich bis heute nicht gesehen und würde die Leute nicht wiedererkennen. Sie trugen zwei Masken übereinander, dazu noch ein durchsichtiges Schild …
King: (zu Pitt) Ich weiß nicht mal, wer du bist … (lacht)
Aaron Taylor-Johnson: Es gab so einige Herausforderungen, denke ich. Das Covid-Protokoll gehörte auf jeden Fall dazu, das war ja alles noch vor den Impfungen. Wir mussten Abstand halten, Masken tragen. Aber auch die Kampfszenen auf engem Raum waren speziell.
Brian Tyree Henry: Wir lebten in diesen zwei Monaten völlig isoliert und kamen jeden Tag zur Arbeit, um uns dort dann gegenseitig in den Hintern zu treten. Man ist mit bis dato völlig unbekannten Menschen aufeinandergetroffen, daraus sind Freundschaften entstanden. Wir wollten einfach so viel Spaß wie möglich in dieser Situation haben und dass der Zuschauer das später auch sieht.
David Leitch: Für mich war die größte Herausforderung eher, sieben Figuren in einem Zug zu inszenieren.
Was mögen Sie an Ihren jeweiligen Rollen?
Pitt: Es hat einfach Spaß gemacht, Ladybug zu spielen. Aber ich finde vor allem Joeys Figur, Der Prinz, toll. Sie ist die Nemisis.
King: Nemisis. Das gefällt mir. Ich hatte sie immer eher als klassischen Bösewicht gesehen. Aber Rachegöttin ist natürlich viel besser. Es hat jedenfalls – wie Brad sagt – wahnsinnig viel Spaß gemacht, diese Rolle zu spielen. Ihren tollen Akzent, ihre Furchtlosigkeit. Man kann sich wunderbar in ihr verlieren.
Haben Sie etwas von ihr gelernt? Zum Beispiel, wie man am besten Männer manipuliert?
Pitt: (lacht) Das konnte sie vorher schon ganz gut.
King: Nun, etwas, das ich auf jeden Fall mit ihr gemeinsam habe, ist, dass die Leute mich aufgrund meines Äußeren oft unterschätzen. Der Prinz macht das Beste daraus und schlägt im richtigen Moment zu. Das könnte ich vielleicht von ihr übernehmen.
In der Romanvorlage von Kotaro Isaka ist Der Prinz ein Junge. Überhaupt wurden so einige Anpassungen vorgenommen …
David Leitch: Ich bin zu diesem Projekt gekommen, als das Drehbuch bereits fertig war. Der Roman von Isaka ist für den globalen Markt adaptiert worden, mit dem Okay des Autors natürlich. Im Grunde haben wir alle Charaktere angepasst. Deswegen sind die Zwillinge ein Schwarzer und ein Weißer, der „Wolf“ hat einen lateinamerikanischen Akzent … Am Ende geht es natürlich darum, das Ganze einer größeren Zielgruppe zugänglich zu machen.
Mr. Pitt, haben Sie denn etwas von Ladybug oder auch seinem Therapeuten gelernt?
Pitt: Die Idee mit dem Therapeuten bringt mich noch immer zum Lachen. Gelernt habe ich eher nichts, aber ich denke, Ladybug ist genau die Rolle, die ich zu dieser Zeit brauchte – mit all ihrer Comedy. Und es ist die Figur, die wir alle nach dem Lockdown im Kino jetzt sehen wollen. Ihre Frage habe ich damit natürlich irgendwie nicht beantwortet. (lacht)
Mr. Leitch, wann war Ihnen klar, dass Brad Pitt der einzig wahre Ladybug ist?
Leitch: In dem Moment, in dem ich das Drehbuch gelesen habe. Ich war schon sehr nervös, als Sony ihm das Buch geschickt hat, weil ich nicht wusste, ob er es wirklich machen würde.
Was wäre in dem Fall passiert, dass er ablehnt? Gab es einen Plan B für die Besetzung?
Leitch: Nein. Plan B wäre wohl gewesen, einen anderen Film zu machen. (lacht)
Sie wollen mit „Bullet Train“ die Leute in die Kinos zurückholen. Gab es demnach eine Zeit, in der Sie ernsthaft besorgt waren, dass die Streamingdienste dem Kino den Garaus machen würden?
Leitch: Die Sorge hatte wohl jeder Filmemacher mal. Aber ich hoffe, die Leute erkennen, dass beides nebeneinander existieren kann und für Künstler auch wichtig ist. Ich mache eben eher Inhalte für die große Leinwand und das gemeinschaftliche Erlebnis im Kinosaal. Diesen Film muss man mit anderen Menschen sehen, die Energie spüren.
Henry: Ich hatte die Sorge auf jeden Fall auch. Es ist ja immer eine bewusste Entscheidung, ins Kino zu gehen, um sich dort einen Film anzuschauen. Während der ersten Zeit der Pandemie habe ich befürchtet, wir könnten das verlieren.
Taylor-Johnson: Man hat gedacht, ein neues Zeitalter wäre angebrochen, weil sich die Leute jetzt alles auch zu Hause anschauen können. Aber ich denke, dass das Kino nicht stirbt, denn allein in diesem Jahr kommen so viele Blockbuster, die die Menschen zurückbringen werden …
Henry: Wir haben das doch alle vermisst, mit einer Gruppe Fremder in einem dunklen Saal zu sitzen und zu lachen, während sich andere auf der Leinwand gegenseitig in den Hintern treten. Ich denke, dass „Bullet Train“ genau das bietet.
Fahren Sie alle eigentlich auch privat gelegentlich noch Zug? Wenn ja, wie war Ihre letzte Zugfahrt?
King: Ich bin tatsächlich mal mit dem Bullet Train von Tokio nach Kyoto gefahren.
Pitt: Mit dem bin ich auch gefahren.
King: Das lief allerdings nicht besonders gut. Richtiger Sitzplatz, falscher Zug, wie mir eine alte Japanerin mit Händen und Füßen erklärte. Sehr unangenehm.
Pitt: Das kenne ich. Ich bin mal von Budapest nach Serbien gefahren. Und auch ich habe es nicht geschafft, richtig zu sitzen. Die haben dann die letzten Waggons, in denen ich saß, einfach abgekoppelt.
Leitch: In Los Angeles bräuchten wir dringend mehr öffentlichen Nahverkehr, da gibt es die Möglichkeit kaum. Aber wenn ich nach Europa komme, liebe ich es, Zug zu fahren.