Christian Bale: „Auch Donald Trump ist brandgefährlich“

Christian Bale: „Auch Donald Trump ist brandgefährlich“

Das Biopic „Vice – Der zweite Mann“ über das Leben und Wirken von Dick Cheney ist für acht Oscars nominiert. Die 20 Kilo, die Christian Bale für die Rolle zunahm, sind längst wieder runter. n-tv.de erzählt er, was der Film sonst noch mit ihm gemacht hat.

„Vice – Der zweite Mann“ ist nicht einfach nur das Porträt eines US-Politikers, sondern eine bitterböse und modern erzählte Satire. Das Biopic von Regisseur und Autor Adam McKay klappert die wichtigsten Stationen und Ereignisse aus 50 Jahren Cheney-Geschichte ab und erzählt auf unterhaltsame Weise, wie aus einem abgestürzten Trunkenbold aus Wyoming einer der einflussreichsten Männer im Weißen Haus wurde.

In acht Kategorien könnte „Vice – Der zweite Mann“ am Sonntag einen Oscar abräumen. (Nachtrag: Er bekam nur einen für „Best Hair & Make-up“). Unter anderem nominiert ist Christian Bale als „Bester Hauptdarsteller“ für seine beeindruckende Transformation zu Dick Cheney. Es wäre sein zweiter Academy Award nach 2011, als er als „Bester Nebendarsteller“ in „The Fighter“ geehrt wurde.

Während Bale damals 15 Kilogramm abspeckte, um als cracksüchtiger Ex-Profiboxer Dicky Eklund zu brillieren, nahm er für die Rolle des umstrittenen Republikaners Cheney 20 Kilogramm zu. Und so spielt er den Mann, der während der Amtszeit von George W. Bush als dessen Vize hinter den Kulissen die Strippen gezogen haben soll, mit großer Überzeugungskraft. Was Bale im Zuge seiner Arbeit über die US-Politik und sich selbst gelernt hat, erzählt der 45-Jährige im Interview mit n-tv.de.

Mr. Bale, Sie haben für die Rolle des Dick Cheney 20 Kilogramm zugenommen. Hätten Sie ihn nicht auch ohne das spielen können? Gary Oldman beispielsweise trug für seine Rolle als Winston Churchill lediglich einen Fatsuit.

Christian Bale: Vielleicht, aber nach einem kurzen Gespräch mit Regisseur Adam McKay war klar, dass wir das beide nicht wollten. Also musste ich zunehmen und mich jeden Morgen von einem Maskenbildner in einer vierstündigen Prozedur in Dick Cheney verwandeln lassen. Ich kann mich tatsächlich völlig anders in eine Figur hineinversetzen, wenn ich mich auch körperlich fühle wie sie. Körper und Geist gehören schließlich zusammen und beeinflussen sich gegenseitig.

Gesundheitlich ist das jedes Mal eine ziemliche Tortur. Mit steigendem Alter wächst das Risiko ernsthafter Probleme für den Körper. Würden Sie es also noch einmal tun?

Zum jetzigen Zeitpunkt sage ich auf jeden Fall nein. Aber das kann sich morgen schon wieder ändern. (lacht)

Wenn Ihnen die richtige Rolle angeboten wird?

Genau.

Was für ein Gefühl ist es, sich als jemand völlig anderes im Spiegel zu sehen? Hat Sie das nicht erschreckt?

Klar! Beim ersten Mal, als ich aus der Maske kam, war mir mein Gesicht völlig fremd. Erst mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt. Je mehr ich über Cheney erfahren habe, desto mehr konnte ich mich in ihn hineinversetzen. Es gab also nicht den einen Moment, in dem ich plötzlich er war. Vielmehr war es ein Prozess, der mich langsam an die Rolle herangeführt hat.

Sie haben sich neben Mimik und Gestik auch Cheneys Sprachduktus draufgeschafft – mithilfe des Studierens von Audioaufnahmen. Haben Sie die nach wie vor auf Ihrem Smartphone?

Ich muss die Cheney-Nachrichten jetzt endlich mal löschen. Mein Handy glaubt schon, er sei Teil meiner Familie. (lacht)

Haben Sie durch die Arbeit an „Vice – Der zweite Mann“ Dinge über Cheney gelernt, die Sie vorher noch nicht wussten?

Es gab immer Gerüchte, dass Dick Cheney im Hintergrund die Strippen im Weißen Haus zog und nicht etwa Präsident George W. Bush. Ich wusste allerdings nicht, dass Cheney quasi im Alleingang den Irak-Krieg angeschoben hat. Und mir war vorher auch nicht klar, wie lange er davor schon für die Regierung gearbeitet hat.

Welche Seite an Cheney hat Sie besonders interessiert? Die politische oder die private?

Ganz klar seine private Seite. Wie war er als Ehemann, als Vater? Ich war überrascht als ich erfuhr, wie sehr er von seiner Ehefrau Lynne angetrieben wurde. Und man muss ihm zugute halten, wie er sich hinter seine jüngste Tochter Mary gestellt hat, als sie sich als lesbisch outete. Das war im Jahr 1986 in den USA gar nicht so einfach.

Sie haben Dick Cheney allerdings auch mal mit „Darth Vader“ verglichen, als es um menschliche Abgründe ging …

Cheney vergleicht sich doch selbst mit Darth Vader. Das ist sein Ding. Zu Halloween hat er seinen Hund als Sith-Lord verkleidet. Im Kinderzimmer seiner Enkel hängte er Poster von Darth Vader auf. Und auf Youtube gibt es sogar Videos von Ansprachen Cheneys, bei denen er in einem Darth-Vader-Kostüm am Schreibtisch sitzt und Reden hält.

Sie sagten in einem anderen Interview, dass Sie jemanden wie Dick Cheney für gefährlicher halten als Donald Trump …

Ein intelligenter Mensch, der komplexe Zusammenhänge versteht, ist vermutlich gefährlicher als ein lauter, impulsiver Typ, der alles herausposaunt, was ihm gerade einfällt. Aber natürlich ist auch Trump brandgefährlich. Wenn man die beiden jedoch miteinander vergleicht, hat Cheney viel mehr Ahnung von politischen Manövern und Beziehungen innerhalb der Regierung. Ich will es mal so sagen: Cheney ist ein brillanter Schachspieler, der immer mehrere Züge im Voraus denkt. Können Sie sich vorstellen, dass Trump ein guter Schachspieler ist?

Am Sonntag werden in Los Angeles die Oscars verliehen. Ihre Chancen auf den Preis als „Bester Hauptdarsteller“ stehen ausgesprochen gut. Was löst das in Ihnen aus?

Ich will nicht lügen. Beifall zu genießen, ist menschlich und wunderbar. Dennoch bleibe ich realistisch. Dass „Vice – Der zweite Mann“ gleich acht Mal nominiert ist, finde ich toll, weil der Film dadurch viel Aufmerksamkeit erhält. Dass ich als bester Hauptdarsteller dabei bin, finde ich schmeichelhaft, aber mir ist auch klar: Jeder Kollege, der mit mir auf der Nominierten-Liste steht, hat eine tolle Leistung abgeliefert.

Sie haben zwar einen amerikanischen Pass, sind aber gebürtiger Brite. Was sagen Sie zum Brexit?

(Er schluchzt)

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