Kein Jahr vor seinem Tod lernt Franz Kafka seine große Liebe Dora Diamant kennen. Es entspinnt sich eine so kurze wie romantische Liebesgeschichte, von der „Die Herrlichkeit des Lebens“ erzählt. Ein Melodram mit Sabin Tambrea als Kafka, das jetzt in die Kinos kommt.
Am 3. Juni jährt sich der Tod von Franz Kafka zum 100. Mal. Aus diesem Anlass läuft einem der traurige Poet aus Prag in der kommenden Zeit sicherlich noch häufiger über den Weg. Der Film „Die Herrlichkeit des Lebens“ macht den Anfang und widmet sich dem letzten Jahr in Kafkas Leben und damit seiner einzigen großen Liebe Dora Diamant.
Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Michael Kumpfmüller haben Michael Gutmann und Georg Maas daraus ein Drehbuch geformt, das unter der Regie von Maas und Judith Kaufmann jetzt in die Kinos kommt. Im Mittelpunkt steht nicht Kafkas erst nach seinem Tod viel gepriesene Arbeit als Schriftsteller, sondern diese eine Liebe unter dem Damoklesschwert einer unaufhaltsam voranschreitenden Krankheit.
Große Gefühle trotz schlechter Vorzeichen
Es ist Juli 1923, als sich der Schriftsteller Franz Kafka (Sabin Tambrea) und die politische Aktivistin und Schauspielerin Dora Diamant (Henriette Confurius) am Ostseestrand von Müritz zum ersten Mal begegnen. Sie betreut eine Horde Kinder aus Berlin, die hier ihre Ferien verbringen, er erzählt diesen Kindern gern seine Geschichten. Alsbald kommen sich Franz und Dora näher, verlieben sich ineinander. Weder der Altersunterschied – er ist 40, sie erst 25 – noch Franz Kafkas Offenbarung, unheilbar an Tuberkulose erkrankt zu sein, kann daran etwas ändern. Dora zieht sich an diesem Punkt nicht etwa zurück, sondern ist fest entschlossen, die Zeit, die ihnen beiden bleibt – am Ende wird es kein ganzes Jahr mehr sein – an Franz‘ Seite zu verbringen.
Kafkas Gesundheitszustand ist aber nicht das einzige Problem in dieser ohnehin schon schwierigen Zeit. Auch hadert der Feingeist mit seinem Verhältnis zum dominanten Vater in Prag, der sowohl zu Hause als auch aus der Ferne versucht, Einfluss auf das Leben und die Entscheidungen seines erwachsenen Sohnes zu nehmen. Der wiederum kann sich dem nur schwer entziehen, ist er doch finanziell schlecht aufgestellt und auf die Hilfe der Eltern – die im Film nur als eine Stimme am Telefon in Erscheinung treten – und seiner Schwester Elli immer wieder angewiesen. Neben Dora eine emotionale Stütze ist ihm noch Max Brod (Manuel Rubey), stets zur Stelle, wenn sein Freund ihn braucht.
Kafkas Werk spielt eine Nebenrolle
Angesichts der Umstände, unter denen sich Franz und Dora kennenlernen und der wenigen Zeit, die sie miteinander haben, sind die fröhlichen, unbeschwerten Momente der Zweisamkeit rar gesät. Franz ist humorvoll, aufmerksam, zurückhaltend, und seine unbeholfenen Annäherungsversuche haben etwas Rührendes. Er ist so ganz anders als die pragmatische Dora, die gern mit anpackt und vor Lebenslust nur so sprüht. In weiten Teilen sieht man Franz hustend oder frierend in einer dunklen Hinterhaus-Erdgeschosswohnung in seiner Wahlheimat Berlin, deren Klima Gift für seine Krankheit ist – von der ständig nörgelnden Vermieterin ganz abgesehen. Doch Dora bleibt, auch als ihm die Tuberkulose seine Stimme raubt. Selbst später im Sanatorium sitzt sie stets an seinem Bett, bis er für immer die Augen schließt. Während andere Filme oder auch Serien, die sich mit dem Berlin der 1920er Jahre beschäftigen, sich auf das ausufernde Nachtleben jener Zeit stürzen, hat das Leben von Franz und Dora in „Die Herrlichkeit des Lebens“ wenig Glamouröses.
Das Melodram ist auch weit entfernt davon, eine Literaturverfilmung zu sein. Kafkas Werk spielt nur eine untergeordnete Rolle, fließt ein, um seine Figur und Gefühlszustände zu beschreiben. Vielmehr ist es ein stimmungsvoller und leiser Liebesfilm, der einige der glücklichen Tage dieser Liebe, aber auch ihre schwersten wiedergibt – eben bis zum wahrlich bitteren Ende. Und vielleicht kann man dem Film dies zum Vorwurf machen: Eigentlich soll Kafka zeit seines Lebens trotz aller Probleme und des ausbleibenden Erfolgs ein lebensfroher und heiterer Mensch gewesen sein, wovon man in diesen 99 Minuten allerdings nur selten etwas sieht oder spürt. Dennoch schaut man Sabin Tambrea und Henriette Confurius gern dabei zu, wie sie mit kleinen Gesten der großen Liebe ihren Figuren Leben einhauchen.