Ich habe frühzeitg meinem Heimatort den Rücken gekehrt. Grund für meine Flucht in die nächstgrößere Stadt war nach der Schließung des letzten Kinos, des einzigen Plattenladens und dem eher mageren bis nicht vorhandenen Club- und Kulturangebot der zwingende Wunsch, gewissen Menschen nicht länger begegnen zu müssen.
Ich war nicht bei einem einzigen Klassentreffen seither. Gut, ich war auch zu keinem eingeladen, aber das spricht wohl auch schon für sich – bzw. für/gegen mich. Ansichtssache. Ich habe keinen Kontakt mehr zu Menschen von einst. Wozu auch? Welche Interessen sollten mich heute noch mit den Leuten verbinden, mit denen ich schon im Kindergarten nur widerwillig meine Förmchen teilte oder denen ich mit der Schüppe in der Hand gern fühlbar die Meinung sagte? Und mit Menschen, die es bis heute aus der piefigen Kleinstadt nicht herausgeschafft haben?
Viele meiner heutigen Freunde haben wenigstens noch einen Uralt-Freund aus grauer Vorzeit, mit dem sie lose in Kontakt stehen oder sich gar eng verbunden fühlen. Meine „ältesten“ Freundschaften beziehe ich bereits aus dem Clubkontext, wenngleich ich zugegeben muss, dass wir seinerzeit laut Jugendschutzgesetz noch längst nicht in Schuppen wie diesen hätten rumhängen dürfen.
Facebook wird heute ja gern zur Auffrischung längst überholter Bekanntschaften missbraucht. So geschieht es immer wieder, dass jemand, den ich mich nur schemenhaft erinnere, meint, ich könnte mich – auf Besuch in der Heimat – ja mal melden. Gerne sind das übrigens Leute, die seinerzeit entweder nichts mit zu tun haben wollten oder deren Mobbing ich lange Zeit ausgesetzt war. Ich probiere es in den meisten Fällen mit dauerhaftem Ingorieren solcher Anfragen, bin ich doch zu wohlerzogen, ein klares „Nein danke, verpiss dich!“ auszusprechen. Das hole ich nun mit dieser Kolumne nach. Bin schon gespannt, wie viele Facebook-Freunde ich in einigen Tagen weniger habe.