Emo-Batman in düsterem Thriller-Epos

Emo-Batman in düsterem Thriller-Epos

In „The Batman“ spielt Robert Pattinson einen traumatisierten Milliardär am Anfang seiner Fledermaus-Karriere, der oft anders agiert, als man es gewohnt ist. Mark Reeves gelingt mit seinem düsteren Superhelden-Thriller eine Punktlandung.

Auf diesen Film haben Fans des Superhelden-Kinos lange gewartet. Nun endlich startet „The Batman“, der nicht nur der längste Streifen in der Fledermaus-Filmhistorie ist, sondern auch eine etwas andere Seite des gummierten Hauptcharakters mit den niedlichen Ohren zeigt.

Der im Vorfeld bei vielen Anhängern der Reihe nicht gerade mit offenen Armen empfangene Robert Pattinson macht das Trauma der Waisen-Kindheit von Bruce Wayne auf seine ganz eigene Art spürbar. Und Regisseur Mark Reeves hat sich nicht nur bei der Wahl des Hauptdarstellers etwas getraut. Auch die Abkehr vom klassischen Superhelden-Action-Spektakel hin zum düsteren Thriller-Epos ist ein Wagnis. Doch beginnen wir von vorn, denn so hält es auch „The Batman“, der an keinen der vorangegangenen Filme anknüpft.

Riddler macht’s wie Jigsaw

Gerade erst seit zwei Jahren verdingt sich Milliardär Bruce Wayne (Robert Pattinson) in seiner Heimatstadt Gotham City hauptberuflich als Vigilant Batman, um die Welt ein bisschen besser zu machen. Mit mäßigem Erfolg, denn die Schurken sterben nie aus, und es gibt sie in dieser düsteren Stadt zuhauf. Dennoch hält sich Batmans Beliebtheit in Grenzen, den meisten ist er irgendwie suspekt.

Als der Bürgermeister auf bestialische Weise getötet wird, steht Batman dem Polizisten Lieutenant James Gordon (Jeffery Wright) nicht nur mit Tat, sondern auch mit Rat zur Seite. Mit dem Mord entblättert sich eine elitäre Gesellschaft voller Korruption, deren Täter alsbald zum nächsten Opfer des Rächers Riddler (Paul Dano) werden könnten. Seine Methoden sind nicht weit entfernt von denen Jigsaws, und wer in sein Visier gerät, hat nicht mehr viel zu lachen. Riddler wendet sich auf seiner mörderischen Tour immer wieder persönlich an Batman und stellt mit kryptischen Botschaften dessen detektivischen Fähigkeiten auf den Prüfstand.

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Colin Farrell als Pinguin.(Foto: Warner Bros. Entertainment)

So dringt die muskulöse Latex-Fledermaus immer tiefer ein in die Unterwelt von Gotham City, in der sich alte Bekannte wie Selina Kyle alias Catwoman (Zoë Kravitz), Oswald Cobblepot alias Pinguin (ein quasi nicht zu erkennender Colin Farrell) und Mafiaboss Carmine Falcone (John Turturro) vorzugsweise in einem einschlägigen Club tummeln. Am Ende führen Bruce Wayne die Hinweise aber vor allem in seine eigene Vergangenheit und konfrontieren ihn mit seinem familiären Trauma.

Weniger ist mehr

Viele Fragen, die andere Batman-Verfilmungen beantworteten, bleiben bei dieser offen. So spielt es für die Geschichte keine Rolle, wie sich das bei Fans schon vor Filmstart umstrittene Kostüm zusammensetzt. Es ist egal, wie die Superhelden-Gadgets genau funktionieren und was das Batmobil so alles kann. Auch die Art der Fortbewegung unterscheidet sich, denn Reeves‘ DC-Held ist vor allem zu Fuß oder mit dem Motorrad unterwegs. Und er fährt gefühlt sehr viel mit dem Aufzug, anstatt sich mühselig durchs Fenster im 20. Stock Einlass zu verschaffen. Auch stecken seine Kampf-Skills noch in den Kinderschuhen. Zwar kann er ordentlich zuhauen, doch verpasst er so manches Mal den Zeitpunkt, an dem er aufhören sollte, weil es genug ist.

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Herr der Augenringe: Bruce Wayne (Robert Pattinson).(Foto: Warner Bros. Entertainment)

Die innere Düsternis von Robert Pattinsons Emo-Batman spiegeln die tollen Bilder von Kameramann Greig Fraser auch im Äußeren wider. Pattisons Mimik hingegen spiegelt so manchem Nörgler zu wenig wider, doch genau hier besteht der Reiz seiner Interpretation. Weniger ist in diesem Fall mehr, denn der Privatmann und Antiheld Bruce Wayne ist innerlich nahezu tot. Nur wenn Catwoman in seiner Nähe ist, regt sich ihn ihm auch mal ein positives Gefühl, was angesichts von Zoë Kravitz aber auch kein Wunder ist.

Wayne wirkt trotz seines Vermögens wie ein heruntergekommener Typ, der weder mit noch ohne Maske irgendwo in der Gesellschaft verankert ist. Einzig sein Butler Alfred Pennyworth (Andy Serkis) bringt ihm so etwas wie menschliche Wärme entgegen. Sonst wird Batman immer wieder verhöhnt und ausgelacht. Zumindest so lange, bis er das Gegenüber eindrucksvoll in seine Schranken weist.

Neuer Drive, neues Glück

Mark Reeves verpasste Batman einen anderen Drive, indem er ihn einiger elementarer Dinge beraubt. Zudem setzt er mehr auf klassische Ermittlungsarbeit und weitere Thriller-Elemente, anstatt das ganz große Superhelden-Besteck abzufeuern. Immer wieder liegen Batman und Lieutenant Gordon mit ihren Einschätzungen sogar falsch. Doch das alles passiert final mit Erfolg, denn trotz der epischen Länge von 176 Minuten kommt bei „The Batman“ selten das Gefühl auf, dass sich Reeves und sein Co-Autor Peter Craig hätten kürzer fassen können.

Nach „Spider-Man: No Way Home“ dürfte „The Batman“ die nächste Comicverfilmung sein, die Zuschauer auf der Suche nach ein wenig Zerstreuung in Zeiten von Pandemie und Ukraine-Konflikt in Scharen in die Kinos lockt. Wer sich von der Laufzeit des Films und dem zuletzt im Arthouse-Kino beheimateten Ex-„Twilight“-Vampir Pattinson nicht abschrecken lässt, wird mit einem fantastischen und kurzweiligen Film belohnt, der sogar Besetzungsausrutscher wie Ben Affleck vergessen lässt. Dass sich mit dem Ende des Films bereits eine Fortsetzung ankündigt, ist umso erfreulicher.

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