Fink – Achse Berlin-Hollywood-Amsterdam-London

Fink – Achse Berlin-Hollywood-Amsterdam-London

Finian Paul Greenall ist Kopf und Aushängeschild des live und im Studio mit Guy Whittaker und Tim Thornton als Trio funktionierenden Gespanns Fink, das am 11. Juli beim Ninja Tune-Sublabel R’Coup’D sein neues Album „Hard Believer“ releast. Ist Ninja Tune eigentlich eher für die Veröffentlichung experimenteller elektronischer Klänge bekannt, begleitet und unterstützt das Londoner Imprint den Singer/Songwriter dennoch schon seit vielen Jahren. Hier erschienen bereits so großartige Alben wie „Bisquits For Breakfast“, „Distance And Time“, „Perfect Darkness“ und 2013 die Zusammenarbeit Finks mit dem Amsterdamer Royal Concertgebouw Orchestra.

Fink ist eine Band für magische Momente, für folkige Akustikinstrumentierungen, bluesige Melodien und melancholische Lyrics und Vocals. Finian selbst ist einer der talentiertesten Songwriter unserer Zeit, was er schon für Amy Winehouse, John Legend und andere Stars unter Beweis stellen durfte. Auch „Hard Believer“ ist vollgepackt mit großartig berührenden und aufwühlenden Songs, ein Stück weit komplexer angelegt als vorangegangene Longplayer. Eine logische Weiterentwicklung nach der letztjährigen Kollaboration mit einem der besten Symphonieorchester überhaupt? „Wir haben tatsächlich gedacht, dass das die Produktion des neuen Albums maßgeblich beeinflussen würde. Aber seltsamerweise war es dann gar nicht so. Es hat uns sicherlich in Sachen Sound ambitionierter werden lassen, und wenn du einmal mit einem 100-köpfigen Orchester gespielt hast, verändern sich die Verhältnismäßigkeiten. ‚Hard Believer‘ ist auf jeden Fall komplexer, wir haben viel dazugelernt in den letzten Jahren – und wir haben vor allem versucht, eine stimmige Platte zu machen.“ Dass es seinerzeit überhaupt zu der großartigen Gelegenheit kam, mit dem RCO zusammenzuarbeiten, ist Jason Swinscoe von Cinematic Orchestra zu verdanken, der den Kontakt zwischen Fink und dem legendären Komponisten, Dirigenten und Arrangeur Jules Buckley herstellte. „Er meinte, er wolle einige meiner Tracks mit einem Orchester einspielen. Als ich das an mein Management weitergab, konnte man es dort kaum glauben. Ich selbst hatte mit vielleicht acht oder zwölf Leuten in kleiner Location gerechnet, aber nicht mit einem 100-köpfigen Symphonieorchester in einem der tollsten Klassikvenues in Amsterdam. Am meisten hat uns dabei aber überrascht, dass sie uns dafür auch noch bezahlt haben. Welch glückliche Fügung.“

Der in Cornwall geborene und in Brighton aufgewachsene Finian lebt derzeit in Berlin. Auf unbestimmte Zeit. „Ich war früher schon häufig in Berlin, bereits als Teenager auf Backpacker-Tour. Ich wusste immer, dass ich hier eines Tages leben will. Ursprünglich wollte ich nur die Zeit von der Abgabe der Platte bis zu Promo und Gigs – also etwa vier Monate – in Berlin verbringen. Jetzt aber bin ich gerade dabei, hier ein Blues-Album zu schreiben. Berlin ist sehr inspirierend. Die Atmosphäre, das Wetter, der Verfall, die Schönheit dieser Stadt. Ein kreativer Magnet für Menschen aus aller Welt. Die Leute, die du triffst, sind wirklich interessant. Auf unserem Album aber kann man auch Los Angeles erkennen, sowie Amsterdam und London, wo die Songs geschrieben wurden.“ Aufgenommen wurde „Hard Believer“ innerhalb von 17 Tagen im Sound Factory Studio in Hollywood. Gute Vorbereitung ist für Fink wichtig. „Wenn du nicht schon vorab alles fertig geschrieben hast, werden die Aufnahmen am Ende verdammt teuer. Im Studio bleibt nur Zeit für die letzten Proben, zur Vorbereitung und zum Aufnehmen selbst. Daher ist es zudem wichtig, einen guten und effektiv arbeitenden Produzenten wie Billy Bush [Garbage, Beck, Muse u.a. – Anm. d. Autorin] dabei zu haben. Und auch wir selbst werden von Mal zu Mal besser.“

Neben einem fähigen Produzenten ist die Wahl des Labels nicht unwichtig für den Erfolg einer Platte. Dass Fink nun schon seit vielen Jahren bei Ninja Tune unter Vertrag sind, hat allerdings eher persönliche als kommerzielle Gründe. „Loyalität, Freundschaft, Beziehungen, Familie … all diese Dinge sind im Musikbusiness verdammt selten. Ich kenne niemanden in meinem Umfeld, der nach 15 Jahren immer noch mit demselben CEO, demselben A&R etc. zusammenarbeitet. Wir haben uns gefunden. Wir kennen gegenseitig unsere guten und unsere schlechten Eigenschaften, die Streits, die Diskussionen, die Liebe. Wir wissen, dass unsere Musik nicht so recht zum Rest von Ninja Tune passt, aber wir wollen dennoch alles genauso beibehalten. Und ein Sublabel macht dafür absolut Sinn. So können die Ninja-Leute nach weiteren Künstlern schauen, die vielleicht nicht zu ihnen direkt passen, aber eben zu R’COUP’D.“ Immer wieder wird Musik Finks in Filmen und TV-Serien verwendet. In den meisten Fällen ist jedoch immer erst die Musik da, einen kompletten Soundtrack aus der Feder Finks gibt es bis dato noch nicht. „Mich inspirieren tatsächlich die Soundtracks von Johnny Greenwood [Radiohead-Mitglied und Soundtrackkomponist u.a. für „There Will Be Blood“ – Anm. d. Autorin] sehr. Aber einen ganzen Soundtrack produzieren? Dazu fühle ich mich noch nicht bereit. Wenn ich es irgendwann mal bin, okay. Aktuell aber bin ich komplett in Fink als Band involviert.“

Finian hat auch eine elektronische Seite, die er in grauer Vorzeit exzessiv auslebte. So brachte man ihn bis zur Wiederentdeckung der Akustikgitarre 2006 in UK eher mit Rave, Elektro, Downtempo und Trip Hop in Verbindung. 1995 erschien in Kollabroation mit Lee Jones von Hefner als E.V.A. das Album „Extra Vehicular Activity“ auf Kickin Records. Sein Dub-Projekt Sideshow, betrieben mit den heutigen Fink-Kollegen, liegt seit vielen Jahren auf Eis. Es ist kompliziert, wie Finian bedauernd erklärt. Es geht um einst verkaufte Rechte, deren Rückkauf bis heute nicht gelang. „Wir liebten damals die Möglichkeit, ein paar Biere zu trinken und moderne Dubsounds zu produzieren. Wir haben versucht, ein bisschen was davon im auf ‚Hard Believer‘ zu findenden Song ‚White Flag‘ zu kompensieren. Nun, man kann nie wissen … möglicherweise feiert das Minimal Dub-Ding eines Tages ein Comeback und wir springen dann auf den fahrenden Zug auf,“ lacht er. Mit dem neuen Album im Gepäck stehen im Sommer einige Festivals auch in unseren Breitengraden an, ehe es im Spätherbst auf Clubtour geht.

www.finkworld.co.uk

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