Ich habe meinen Jahresurlaub 2010 bereits hinter mir. Neun Tage Spanien von seiner entspannten Seite – so der Plan nach diversen ausufernden Sommern auf der inzwischen an Drogenüberschuss erkrankten Insel Ibiza. Diesmal wollte ich Erholung, und die bekam ich auch. Doch auch dauerhaftes Rumliegen kann ganz schön anstrengend sein.
Nach einer fünftägigen Langzeitstudie zum Thema „Ausdauersport für Faulenzer“, die ich beinahe ausschließlich damit verbrachte, von der Liege auf die Luftmatratze im Pool und zurück zu wechseln und die Seiten meiner mitgebrachten Lektüre umzublättern, musste ganz dringend aus dem Passiv- ein Aktivurlaub werden. Bergsteigen lautete der Vorschlag meiner Reisebegleitung, und was auch immer mich geritten hat, dieser Unternehmung zuzustimmen, am Schluss sah ich mich darin bestätigt, dass dieses vermeidliche wie zu vermeidende Hobby ganz eindeutig Männersache ist.
Mitnichten möchte ich hier das vom unlustigen M. Barth bis zum Erbrechen durchgekaute Mann/Frau-Ding thematisieren und euch erzählen, dass die holde Weiblichkeit nunmal lieber einkaufen geht als über Stock und Stein zu kraxeln, doch komme ich nicht umhin zuzugeben, dass es am Ende wohl tatsächlich so ist – zumindest, wenn ich mich als Maßstab nehme.
Sicherlich war die Wahl der Wanderausrüstung in Ermangelung geeigneter Klamotten für so eine Aktion eher unkonventionell, doch immerhin hatte ich Laufschuhe dabei und musste mich nicht in FlipFlops auf den Berg wagen. Am Fuße noch frohen Mutes los gestiefelt, brachte mich schon die erste leichte Steigung ins Schwitzen, was nicht allein an den 27 Grad Celsius lag, die das Thermometer im Auto angezeigt hatte. Doch ich machte mir mit der Vorstellung Mut, dass die Luft oben sicher kühler wäre und ging tapfer weiter. Hatte ich schon erwähnt, dass ich nicht ganz schwindelfrei bin? Gut also, dass ich mich so sehr auf das den Weg bildende Geröll und Gestein konzentrieren musste, dass ich ganz vergaß, mal einen Blick nach unten zu werfen.
Die Hälfte geschafft, war ich schon ein wenig stolz auf mich, bis ich den ersten Rentner entdeckte, der sich eben noch weit entfernt, nun aber schon unmittelbar hinter uns befand. Wie konnte das sein? Der Mann war gut 60 – sicher langjähriger Bergsteiger – und stapfte schon wenig später kaum außer Atem mit einem freundlich-beschwingten Gruß an uns vorbei. Angespornt von der Idee, mich keinesfalls so vorführen zu lassen, nahm ich meinen Weg wieder auf. Und auch als ein junger Typ recht zackig links an mir vorbeizog – sicher Profisportler – ließ ich mich davon nicht beirren. Erst als sein ca. 75-jähriger Vater einige Zeit später seinem Beispiel folgte, begann ich mir um meine Kondition bzw. deren eher geringes Vorhandensein Gedanken zu machen.
Die totale Erniedrigung erfuhr ich dann aber auf dem Weg zurück ins Tal. Nicht nur, dass meine Begleitung permanent auf mich warten musste, während ich fluchend von einem Vorsprung zum nächsten rutschte und manchmal sekundenlang über meinen nächsten Schritt sinnierte. Nein, auf der Hälfte des Weges nach unten kam uns doch tatsächlich ein Jogger entgegen. Der Mann mit freiem Oberkörper – sicher ein X-Man – wirkte so entspannt, wie ich es die Tage zuvor nur auf meiner Liege war. DAS war der Moment, in dem ich beschloss, dass Bergsteigen oder gar Bergjogging Männersache ist und von mir aus auch gern bleiben kann. Meine Zeiten als weiblicher Luis Trenker sind damit jedenfalls vorbei.