In „Die Fabelmans“ erzählt Steven Spielberg auf emotionale Weise, wie er als Kind seine Liebe zum Film entdeckte. Gespielt wird der Regisseur von Nachwuchstalent Gabriel LaBelle. Im Interview mit ntv.de verrät der 20-Jährige unter anderem, wie es ist, vor Spielberg Spielberg zu spielen.
In „Die Fabelmans“ erzählt Regisseur Steven Spielberg anhand der Figur Sammy Fabelman auf so charmante wie emotionale Art, wie er als Kind seine Liebe zum Film entdeckte und welche Rolle seine Familie dabei spielte, daraus einen Beruf zu machen. Im Mittelpunkt seiner Geschichte steht außerdem das Verhältnis seiner Eltern (Michelle Williams, Paul Dano) zueinander und zu ihrem gemeinsamen Freund Bennie (Seth Rogen).
Steven Spielberg beziehungsweise Hauptfigur Sammy wird verkörpert von Gabriel LaBelle, der seinerseits ebenfalls schon früh zum Theater und dem Film fand. Er hat dank „Predator – Upgrade“ und „iZombie“ bereits einige Erfahrung vor der Kamera sammeln können, mit „Die Fabelmans“ nun aber schafft er den Sprung auf die ganz große Leinwand. Immerhin ist der Film bereits für einen Oscar in der Kategorie „Bester Film“ nominiert. Mit ntv.de sprach der 20-Jährige über dieses lebensverändernde Projekt und wie es ist, für Steven Spielberg zu spielen.
ntv.de: Gabriel, du hast schon einiges an Erfahrung sammeln können – vor der Kamera und auf der Bühne. Aber hättest du so früh in deiner Karriere bereits mit einem Projekt wie „Die Fabelmans“ gerechnet?
Gabriel LaBelle: Nein, das war schon eine Überraschung. Ich dachte, ich würde erstmal auf die Universität gehen. Ich hatte mich an Schulen in ganz Kanada beworben und wollte eigentlich nach Montreal. Dort hat man mich in das Schauspielprogramm der Concordia University aufgenommen, wo ich Theater studieren wollte. Und dann schlug Covid zu und ich wollte das nicht über den Computer machen. Also habe ich ein Jahr lang eine Pause eingelegt und angefangen, für verschiedene Projekte vorzusprechen. Im Frühjahr dann kam dieses hier und im Sommer ging es schon los. Ich hätte in einer Million Jahre nicht erwartet, dass ich so etwas mal machen könnte.
Was waren also deine ersten Gedanken oder Gefühle, als die Zusage kam?
Es fühlte sich wirklich an, als würde es mein Leben komplett verändern, vor allem an einem so frühen Punkt in meiner Karriere. Ich wusste, dass ich etwas tun würde, was ich noch nie zuvor getan hatte und was niemand sonst jemals so wieder tun würde. Das war aus vielen Gründen eine einzigartige Erfahrung und das war mir schon sofort bewusst.
Was wusstest du vor diesem Projekt über Steven Spielberg beziehungsweise seine Biografie?
Ich kannte nur seine Filme. Aber es gibt eine Dokumentation auf HBO, die man sich meiner Meinung nach ansehen sollte, ehe man „Die Fabelmans“ schaut. Ich kannte seine Geschichte bis dahin jedenfalls nicht. Das ist erst passiert, nachdem ich zum Vorsprechen eingeladen wurde und mich darauf vorbereiten wollte. Und in Vorbereitung auf den Film habe ich natürlich viel mit Steven Spielberg gesprochen und so vieles über sein Privatleben erfahren.
Näher dran geht natürlich nicht. Was war die größte Herausforderung dabei?
Ich wollte, dass Steven seine Geschichte so erzählen kann, wie er sie erzählen will. Als ich das Drehbuch bekam, fragte ich ihn, wie viel davon wirklich passiert ist, und er sagte: „Alles.“ Ich habe erwartet, dass er sich mit mir hinsetzt und sagt: „Das ist es, was es bedeutet, ich zu sein. Das ist mein Manifest.“ Aber das tat er nicht. Also musste ich auf ihn zugehen und ihm so viele Fragen wie möglich darüber stellen, wie es für ihn war, mit seinen Perspektiven und Beziehungen aufzuwachsen. Wir haben das Drehbuch und die Themen der Geschichte analysiert. Was er von meiner Figur und den anderen will und warum er diese Geschichte erzählen möchte. Ich wollte nur sicherstellen, dass er sich in mir wiederfindet, dass ich ihn einfangen kann. Ich wollte unbedingt alte Aufnahmen von ihm als Kind sehen und habe versucht, seine Körperlichkeit, seine Haltung, seinen Gang und sein Lächeln nachzuahmen. Und ich habe mich im Drehbuch auf der Grundlage seiner Erfahrungen emotional geerdet, aber auch in Bezug auf sein Verhalten. Nur imitieren wollte ich ihn nicht.
Macht es die Sache einfacher oder schwieriger, wenn die Person, die man spielt, am Set ist und dort auch noch das Sagen hat?
Das macht einen nervös, denn man will einfach sichergehen, dass er jederzeit zufrieden ist. Ich meine, hey, es ist Steven Spielberg, der Meisterfilmer. Und wenn er zufrieden ist, dann ist alles gut, vor allem, wenn es um sein eigenes Leben geht. Seine Meinung war also sehr wichtig für mich am Set, und manchmal machte mich das vor oder nach dem Dreh sehr nervös.
Weißt du, warum ausgerechnet du die Rolle bekommen hast?
Ich habe ihn nicht gefragt. Ich habe nie gefragt, ob er sich wirklich sicher ist, die richtige Wahl getroffen zu haben. (lacht)
Die Probleme, die Spielberg mit seinem Vater hatte, der seinen Berufswunsch nicht nachvollziehen konnte, kennst du als Kind eines Schauspielers und Produzenten ja eher nicht, nehme ich an? Oder wolltest du irgendwann mal was ganz anderes machen? Feuerwehrmann, Polizist …
Stimmt, mein Vater ist Schauspieler und Produzent in Vancouver. Aber er hat mir nie gesagt, was ich tun soll. Er hat mich nie ermutigt, diesen Job zu machen. Ich habe ihn gefragt, ob er mir helfen kann. Damals war ich acht Jahre alt und für ein Theatercamp angemeldet. Das hat mir so gut gefallen, dass ich anschließend fragte, ob ich noch mehr in die Richtung tun könnte. Ich habe dann schon als Kind Schauspielunterricht bekommen. Dann wollte ich vorsprechen, einen eigenen Agenten haben. Das liegt aber sicherlich auch daran, dass mein Vater diesen Beruf hat, denn es kam mir eben nie lächerlich oder besonders vor, Schauspieler zu sein. Und so konnte ich ganz langsam meine eigene Beziehung zu dem Beruf entwickeln, die mit steigendem Alter immer ernster wurde.
Kannst du dich noch daran erinnern, was so die ersten Filme waren, die dich begeistert haben?
Ich habe schon immer Filme geliebt. Ich bin noch mit DVDs und VHS-Kassetten aufgewachsen und Netflix wurde populär, noch ehe ich in die Pubertät kam. Als Steven ein Kind war, war der einzige Ort, an dem man einen Film sehen konnte, das Kino. Ich dagegen war mein ganzes Leben lang von Filmen umgeben und kann nicht sagen, wie oder wann oder welcher bestimmte Film es war.
Glaubst du, dass das heutige Überangebot, das es dank Streaming gibt, Gutes wie Schlechtes hat?
Ich denke, wir erleben gerade eine wunderbare Renaissance des Kinos. Und ich glaube, die Möglichkeiten für Autoren, Regisseure und Filmschaffende sind dank Streaming größer denn je. Schauspieler und Schauspielerinnen sind so zahlreich wie nie zuvor und das ist wirklich toll für die Leute, die diese Jobs machen wollen. Der einzige Nachteil ist, dass es dem Kino etwas von seiner Wirkung nimmt. Denn das ist wirklich die ultimative Form, einen Film zu sehen. Ich wünschte nur, die Leute könnten das mit den Filmen erleben, die sie auf ihrem iPad oder auf ihrem Fernseher schauen. Dennoch: Es ist ziemlich spektakulär, dass immer mehr Menschen ihre Träume vom Filmemachen verwirklichen können. Und das haben wir eben den Streamingdiensten zu verdanken.