In „The Good Liar – Das alte Böse“ stehen Hellen Mirren und Ian McKellen zum ersten Male im Laufe ihrer langen Karrieren gemeinsam vor der Kamera. Es ist ein Vergnügen, den beiden beim Schlagabtausch zuzusehen, auch wenn die Story selbst an manchen Stellen hinkt.
Zuletzt hatte sich Regisseur Bill Condon mit der Realverfilmung von Disneys „Die Schöne und das Biest“ oder dem „Breaking Dawn“-Double eher an eine jüngere Zuschauerschaft gerichtet. Mit der Verfilmung des Romans „The Good Liar – Das alte Böse“ von Nicholas Searle nun widmete sich der 64-Jährige der Geschichte zweier rüstiger Rentner und erschließt sich damit eine Zielgruppe innerhalb seines eigenen Altersspektrums.
Kern des Plots ist eine Verschwörung, die immer wieder aufs Neue die Frage aufwirft, was hier eigentlich gerade richtig und was falsch ist. Wer sagt die Wahrheit, wer lügt, dass sich die sprichwörtlichen Balken biegen? Und aus welchen Beweggründen tut er das überhaupt? „The Good Liar“ hat also so manchen Twist im eleganten Hemdsärmel.
Nichts ist, wie es scheint
Betty McLeish (Hellen Mirren) und Roy Courtnay (Ian McKellen) lernen sich in London über eine Dating-Plattform kennen und kommen sich – zumindest platonisch – näher. Sie ist eine freundliche, gut betuchte und anmutige Witwe, der nur ihr Enkel Stephen (Russell Tovey) geblieben ist. Roy ist der etwas verschrobene Alte, der den Kontakt zu seinem in Australien lebenden Sohn schon lange verloren hat. So zumindest scheint es zu Beginn, doch ist Roy eben auch ein guter Lügner. Der bisweilen etwas tatterig wirkende Herr verdingt sich erfolgreich als Trickbetrüger, der andere mit pfiffigen Aktionen um ihr Vermögen bringt. Dass er es also auch mit Betty nicht wirklich ernst meint, steht schnell außer Frage. Doch schlägt die vertrauensvolle Seniorin alle Warnungen ihres misstrauischen Enkels immer wieder in den Wind und öffnet Roy bald Tür und Tor.
Wohin sich die Beziehung der beiden Ü70er dann entwickelt, lässt sich nicht sofort erahnen. Doch so authentisch Hellen Mirren und Sir Ian McKellen als Betty und Roy in ihrem ersten gemeinsamen Film agieren, so sehr verliert die Story mit jedem weiteren Dreh an Glaubwürdigkeit. Das liegt auch daran, dass Mirren schon von Hause aus zu intelligent wirkt, um eine einsame alte Dame zu verkörpern, die einem Schwindler wie Roy auf den Leim gehen könnte. Sie ist einfach nicht die Art von Frau, die man unterschätzt.
Glaubwürdige Schauspieler, unglaubwürdige Story
Nun mag man sich über findige Wendungen innerhalb eines Films freuen und Überraschungen warten in „The Good Liar“ wirklich hinter jeder Ecke, doch treibt es dieser Plot-Twist-Wahn doch ein bisschen zu weit. Es ist eher das wechselseitige Spiel von Mirren und McKellen, das „The Good Liar“ trotzdem sehenswert macht. Die zwei Oldies sind absolute Vollprofis, die sich zu keiner Zeit auch nur den Hauch einer schauspielerischen Schwäche leisten. Und sie schenken sich auch gegenseitig nichts. Oft reichen ihnen Mimik und Gestik, um den Zuschauer über so manche Lücke im Drehbuch von Jeffrey Hatcher milde hinweglächeln zu lassen. Auf diese Weise wird geschickt vertuscht, dass die Hintergrundstory, die bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs reicht, ziemlich weit hergeholt ist.
Neben Mirren und McKellen sind es Russell Tovey als Enkel Stephen und Jim Carter als Roys Partner Vincent, die „The Good Liar“ durch ihre Auftritte aufwerten. Es ist dagegen nicht der Ausflug ins Berlin der Nachkriegszeit mit dem einzigen deutschen Schauspieler Aleksander Jovanovic sowie Szenen, bei denen ansonsten nur Briten Deutsche spielen. Ein Umstand, der zumindest im englischsprachigen Original aufgrund des britischen Akzents im deutschen Text etwas Urkomisches hat. Dieser Teil wirft gesellschaftlich gesehen einige wichtige Fragen auf, die der Film schlussendlich nur leider nicht beantwortet. Ist man sich dessen bewusst und nimmt es für Mirren, McKellen und Co. in Kauf, wird man mit 110 Minuten durchaus guter Unterhaltung belohnt.