Ich halte mich eigentlich für einen Menschen mit Sinn für Humor. Auf jeden Fall gehe ich nicht zum Lachen in den Keller. Und doch gibt es etwas, das scheinbar Millionen Deutsche begeistert und ihnen vor Amüsement die Tränen in die Augen treibt, während ich davon zwar auch feuchte Augen bekomme, aber aus einem ganz anderen Grund. Mein aktuelles Feindbild Nr. 1 ist: Mario Barth.
Wer hat diesem Mann eigentlich erzählt, er sei lustig und gehöre auf eine Bühne? Ausgelutschte und bis zum Erbrechen aufgekochte Geschlechterrollenwitze aus der Retorte, die Jürgen von der Lippe schon vor 20 Jahren besser gebracht hat, sind sein Markenzeichen und das, was ihn nun schon seit viel zu langer Zeit weit, weit über das Normale hinaus am Leben hält. Frauen am Steuer, Frauen im Bad, Frauen mit Figurproblemen, Männer mit Testosteronüberschuss, Männer auf Alkohol und Männer auf Frauen oder umgekehrt. Gähn! Seine Programme heißen „Männer sind primitiv, aber glücklich“ oder „Männer sind peinlich. Frauen manchmal auch“ und sind eine Aneinanderreihung von Kalauern wie „Da frag ich sie: ‚Bist du gerade gegen die Laterne gefahren?‘ … ‚Nö.‘ … ‚Und warum wackelt die Laterne so?‘ … ‚Das ist der Wind.’“ oder „’Wahrheit oder Pflicht?‘ … ‚Dann nehm ich Wahrheit.‘ … ‚Dann sag mir doch mal, wer letzte Nacht mein Auto angefahren hat.’“ – Tiefsinnig, abwechslungsreich und wahnsinnig komisch, oder nicht?
Damit füllt er dann ganze Hallen, ja sogar das Berliner Olympiastadion. 70.000 Spaßbefreite, die das für lustig halten und auch noch bereit sind, dafür Geld zu bezahlen. Und als wäre das nicht schon traurig genug, belästigt uns der ehemalige Telekommunikationsanlagen-Elektroniker mit Berliner Schnauze auch noch im TV mit seiner eigenen Show „Willkommen bei Mario Barth“. Wenig Hirn, noch weniger Humor und c-prominente Gäste, die oft wohl selbst nicht so ganz genau zu wissen scheinen, was sie da gerade tun, sind das Credo der Sendung.
Der Einzige, der wirklich laut über seine Witze lacht, ist Barth selbst, die geladenen Gäste auf der Bühne tun es aus Höflichkeit oder weil das Bestandteil ihres Deals ist und es sonst keine Kohle gibt. Der Rest des Gelächters scheint vom Band zu kommen, oder aber die Schafe im Publikum sind vor der Sendung ordentlich mit Schnaps abgefüllt worden. Schlechte Moderationen gepaart mit noch schlechteren Gags und peinlichen Einspielern ergeben einen typischen RTL-Samstagabend. Gut, auch alle anderen Programmdirektoren scheinen mittlerweile begriffen zu haben, dass der Samstag für Menschen mit Geschmack, Freunden und eigener Meinung eigentlich kein TV-Abend mehr ist. „Carmen Nebel“ im ZDF, und auf ProSieben das inzwischen vom seltenen und spannenden Medienspektakel zum aufgeblasenen Dauerprogramm verkommene „Schlag den Raab“ – das spricht wohl für sich.
Ich habe jedenfalls mal wieder festgestellt, dass es Zeit für Sommer wird. Draußen mit Freunden grillen, Bier oder Wein trinken und auf keinen Fall vor 23.45 Uhr heim kommen. Dann nämlich ist die Mario-Barth-Show vorbei und man kann sich selbst beim völlig überflüssigen Anschalten des Fernsehgerätes vorm Schlafengehen einigermaßen in Sicherheit wiegen. Besser noch: vom Grillen direkt ins Bett oder den Club (je nach Alter und Vorlieben), dann kann nichts schief gehen.