„Abgeschnitten“ ist kein Film für Menschen mit schwachen Nerven oder einem empfindlichen Magen. Diese Erfahrung machte auch Hauptdarstellerin Jasna Fritzi Bauer beim Dreh des Fitzek-Thrillers. Am Set ging schon mal die Angst um.
Mit „Abgeschnitten“ kommt die Verfilmung des wohl härtesten Thrillers von Erfolgsautor Sebastian Fitzek auf die Kinoleinwand. Regie führte Christian Alvart, der in diesem Jahr schon „Steig. Nicht. Aus“ mit Wotan Wilke Möhring in die Kinos brachte und für die im Dezember startende Netflix-Serie „Dogs of Berlin“ verantwortlich zeichnet.
Die Geschichte startet auf Helgoland, wo es dauerhaft zu schneien und nie richtig hell zu werden scheint. Comic-Zeichnerin Linda, gespielt von Jasna Fritzi Bauer, hat sich hierher verzogen, um ihrem sie stalkenden Ex-Freund zu entkommen. Ein Sturm schneidet die Insel bald komplett von der Außenwelt ab. Unterdessen muss BKA-Forensiker Paul Herzfeld (Moritz Bleibtreu) seine Tochter Hannah (Barbara Prakopenka) retten, die von einem Psychopathen entführt wurde. Den nächsten Hinweis zu deren Verbleib bekommt er – ausgerechnet – nur auf Helgoland. Glück für ihn, Pech für Linda, dass sie vor Ort seinen Anruf eher zufällig entgegennimmt.
Geschrieben hat Sebastian Fitzek die Buchvorlage mit dem Gerichtsmediziner Michael Tsokos, und gerade dessen Expertise macht den Film nun zum echten Horrortrip. Die Besetzung ist dabei extrem hochkarätig, wenn auch in Teilen nicht wirklich gewagt. Moritz Bleibtreu als gebeutelter Anti-Held, Lars Eidinger als Psychopath und Fahri Yardim als humoristischer Sidekick – hat man alles schon mal gesehen. Die sonst eher in Coming-of-Age-Filmen wie „About A Girl“ und „Axolotl Overkill“ als Teenie besetzte Jasna Fritzi Bauer ist da wohl die größte Cast-Überraschung. Mit uns sprach sie unter anderem über ihre Zerrissenheit zwischen Film und Theater.
n-tv.de: Kanntest du die Buchvorlage, als die Anfrage bei dir eintraf, die Rolle der unerschrockenen Linda zu übernehmen?
Jasna Fritzi Bauer: Nein, und ich habe das Buch ehrlich gesagt auch noch immer nicht gelesen.
Dafür das Drehbuch. Blutige Thriller gehörten bislang allerdings nicht zu deinem Portfolio. Kannst du überhaupt Blut sehen? Immerhin musstest du – ohne zu viel verraten zu wollen – an der einen oder anderen Stelle zum Seziermesser greifen.
Ja, das ging schon. Wir haben an einigen Szenen sehr lange gedreht, man gewöhnt sich dran. Irgendwann habe ich ohne Probleme in einer der Leichen mit ganz viel Blut herumgematscht.
Dabei hat es vermutlich geholfen, dass die Special-Effects-Abteilung nicht auch noch den typischen Geruch eines Obduktionsaals nachgeahmt hat?
Bestimmt. Unsere Leichen rochen vor allem nach Plastik. Ich habe keine Ahnung, wie es an so einem Ort wirklich riecht, fände das im Nachhinein aber eigentlich ganz interessant. Wenn ich länger darüber nachdenke, bin ich aber vielleicht auch ganz froh, dass ich es für die Rolle nicht ausprobieren musste.
Von allen Filmen, die du bislang gemacht hast, ist „Abgeschnitten“ mit Abstand der kommerziellste. War das eher ein Argument für oder gegen das Projekt?
Darüber habe ich selbst gar nicht nachgedacht. Ich habe das Drehbuch gelesen und hatte sofort Bock, dabei zu sein. Und auch das Casting mit Christian (Alvat) lief gut, allerdings hat die Entscheidung für mich als Linda dann noch eine ganze Weile gedauert. Das ist immer ein recht langwieriger Prozess. Vermutlich war es für Christian gar nicht so einfach, mich zu besetzen, weil ich zuvor eben noch nichts wirklich Mainstreamiges gedreht hatte.
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Alles in „Abgeschnitten“ ist irgendwie beängstigend. Viele der Personen, der Sturm, die Insellage Helgolands … Gab es beim Dreh selbst – trotz Filmteam drumherum – Momente, in denen dir mulmig wurde?
Wir haben die Schwere des Films am Set durch besonders viel Spaß kompensiert. Vor allem Fahri (Yardim) und ich. Wir verstehen uns super und machen die ganze Zeit Witze. Das hilft. Aber es gibt eine Stelle, an der in der Leichenhalle das Licht ausgeht, in dem Moment habe ich schon Angst bekommen. Ich fürchte mich ohnehin vor Dunkelheit, und wir haben das auch noch in einem alten, verlassenen Fabrikgebäude in Berlin-Schöneweide gedreht. Sowas ist nichts für mich.
Dann bist du in dem Film ja genau richtig. Du hast ihn aber schon in kompletter Länge gesehen – und die 132 Minuten durchgehalten?
Ja, das schon. Ich bitte immer darum, einen Film einmal ganz sehen zu können, ehe die Promo losgeht. Der Dreh selbst ist ja schon ein Jahr her, und was weiß ich schon, was die draus gemacht haben? Ein bisschen mache ich es aber immer auch, um mich selbst anzugucken, mich an den Anblick zu gewöhnen. Inzwischen ist es nicht mehr so schlimm wie früher, aber anfänglich konnte ich kaum hinschauen, wenn ich auf der Leinwand auftauchte.
Dein Charakter Linda ist Mitte 20 und damit nur knapp jünger als du selbst. In der Vergangenheit bist du immer wieder als Teenager besetzt worden. Glaubst du, dass du mit einem veränderten Auftreten anders gecastet würdest?
Klar könnte ich was ändern, mich zum Beispiel im Privatleben anders anziehen, aber ganz ehrlich: Darauf habe ich keine Lust, ich mag es mich bequem zu kleiden. Zumal ich mich auf gewissen Veranstaltungen durchaus anders anziehe. Ich habe natürlich das Bedürfnis, keine 16-Jährigen mehr zu spielen, denn das ist von meinem Leben inzwischen sehr weit entfernt. Außerdem mache ich das schon seit zehn Jahren, und es langweilt mich. Aber ich finde es absurd, dass die Vorstellungskraft mancher Menschen nicht dafür ausreicht, sich mich auch mal als toughe Politikerin vorzustellen.
Was wäre denn eine Traumrolle für dich?
Boss eines Drogenkartells.
Du kommst eigentlich vom Theater, warst drei Jahre am Wiener Burgtheater und unter Frank Castorf an der Volksbühne. Wie problematisch ist es für dich heute, Film und Theater unter einen Hut zu bekommen?
Inzwischen überwiegt der Film-Anteil, weil es schlichtweg lukrativer ist. Ich bin schon in Wien aus dem Ensemble ausgestiegen, weil ich in der Zeit gar nicht drehen konnte. Inzwischen bin ich dort nur noch als Gast am Theater. Aber ich will das Theaterspielen auf keinen Fall ganz aufgeben, und so mache ich pro Jahr mindestens ein Stück, das sich oft für zwei Spielzeiten hält. Es kann auch schon mal vorkommen, dass ich zwei Stücke spiele. Theater und Film sind so unterschiedlich, die Arbeitsweisen so anders, man kann beides nicht miteinander vergleichen, und ich möchte mich auch nicht zwischen ihnen entscheiden müssen.
Und am Ende ist da ja auch noch die Musik. Folgt man dir bei Instagram, wird schnell klar, dass die eine zentrale Rolle in deinem Leben spielt. Nicht nur als Konsument und Freundin von zum Beispiel Sophie Hunger, auch als Akteurin.
Ich habe schon immer Musik gemacht, allerdings habe ich das in den letzten Jahren extrem vernachlässigt und irgendwann gemerkt, dass es mir fehlt. Ich schaue gerade, dass ich mit befreundeten Musikern zusammen ein paar Dinge ausprobiere, wir gemeinsam Musik machen und mal was aufnehmen. Ich habe aber nicht vor, ein Album aufzunehmen oder so.
Anfang Dezember startet „Dogs of Berlin“ auf Netflix mit dir als Nike Strack – neben Kollegen wie Fahri Yardim, Anna Maria Mühe und Hannah Herzsprung. Welche Projekte stehen sonst noch in der nächsten Zeit an?
Gerade drehen wir die neue Staffel „Jerks“. Außerdem toure ich bald wieder mit der viereinhalbstündigen Bühnenfassung des David-Foster-Wallace-Romans „Unendlicher Spaß“ mit Sebastian Blomberg, André Jung, Ursina Lardi, Heiko Pinkowski und Devid Striesow. Und wenn im Februar die Sophie-Hunger-Tour fortgesetzt wird, bin ich eventuell auch mit dabei und verkaufe ihr Merchandise.