In „Es ist zu deinem Besten“ ist Jürgen Vogel mal wieder in einer Kinokomödie zu sehen. Der 52-Jährige spielt einen von drei Vätern, die mit der Partnerwahl ihrer Töchter so gar nicht einverstanden sind und auf ihre Art intervenieren. Wie der sechsfache Vater das privat handhabt, verrät er ntv.de im Interview.
Die dem spanischen Kinohit „Es por tu bien“ entliehene Idee zur neuen Komödie „Es ist zu deinem Besten“ wurde hierzulande umgesetzt von Regisseur Marc Rothemund und setzt auf Familienchaos und Situationskomik. Mit dabei sind Schauspieler wie Heiner Lauterbach, Hilmi Sözer, Janina Uhse, Andreas Pietschmann und Jürgen Vogel.
Der wohlhabende Wirtschaftsanwalt Arthur, der harmoniesüchtige Physiotherapeut Yus und der von Vogel gespielte, etwas aufbrausende Bauarbeiter Kalle sind zwar alle miteinander verschwägert, aber könnten unterschiedlicher nicht sein. Nur eins eint die drei: ihre Sorge um die jeweilige Tochter. Alle drei Sprösslinge haben sich nämlich in den in Väter-Augen absolut Falschen verliebt. Der eine zu alt, der andere zu bekifft und der nächste ein nerviger Weltverbesserer. Diesen Beziehungen gilt es Einhalt zu gebieten und so mischen sich die drei gealterten Herren in Dinge ein, die sie nichts angehen, und richten jede Menge Chaos an.
Im Gespräch mit ntv.de verrät Jürgen Vogel, was er als Vater von drei Töchtern auf jeden Fall besser macht als seine Figur Kalle und warum es trotz aller Sorgen wichtig ist, überhaupt Kinder zu bekommen.
ntv.de: Jürgen, du kommst jetzt mal wieder mit einer Komödie in die Kinos. Ist es dir wichtig, nicht immer nur den harten Hund zu geben?
Jürgen Vogel: Das ist für mich ein bisschen wie eine Waage. Ich habe viel mehr ernste Filme gedreht als lustige. Aber ich mag Humor generell, lache gerne. Und ich mag es, Leute zum Lachen zu bringen. Wenn ich viel Drama gedreht habe, ist es schon schön, mal wieder was Leichtes zu machen.
Dabei ist das doch das Allerschwerste, oder nicht? Also, Menschen zum Lachen zu bringen.
Definitiv, das ist wirklich gar nicht so einfach. Deswegen ist das ein schöner Ausgleich. Und je älter ich werde, desto mehr habe ich Lust auf Lachen.
Das geht nicht vielen so. Wenn der Rücken erstmal schmerzt, die Knie knacken … Grundsätzlich aber ist die Komödie aber auch das Genre, das im deutschen Kino am besten zündet.
Nun, der Arthouse-Markt ist tatsächlich ziemlich schwierig momentan. Daher ist mein Ehrgeiz, einen Film, der auch ein bisschen wehtut, auf die Beine zu stellen, gerade nicht so gegeben. Es kostet viel Zeit, Herzblut, Kraft und Geld und am Ende hast du dann 10.000 Zuschauer, obwohl du sechs Jahre dran gearbeitet hast. Das ist schon manchmal frustrierend.
Wohl auch deswegen gibt es viele große und kleine Produktionen gerade exklusiv bei den Streamingdiensten. Ist das keine Option?
Das Arthouse-Kino ist irgendwie in die Serie gerutscht, das gefällt mir. Die beim ZDF wussten bei „Blochin“ zum Beispiel gar nicht so richtig, was sie da gekriegt haben. Es war vielleicht noch ein bisschen zu früh für diese Art der Dramaturgie. Eigentlich ist Blochin eine Arthouse-Figur, so sperrig wie er ist, mit den ganzen Geistern, die ihn verfolgen. Die haben wir in das Genre Krimi reingepresst. Die Serien jetzt erlauben einem viel mehr, solche Figuren und Geschichten zu erzählen.
Das Kino hat momentan aber auch schon allein wegen Corona schwer. Ganze Sitzreihen müssen derzeit noch leer bleiben …
Jetzt sind wir aktuell sogar wieder bei einer 60-Prozent-Belegung. Das ist eigentlich schon ganz gut. Zudem hat man momentan ein bisschen weniger Konkurrenz, weil weniger Filme starten. Ob die Leute jetzt gerade lachen wollen, das weiß ich allerdings nicht.
Vielleicht aber auch gerade jetzt?
Ja, wahrscheinlich schon.
In deiner Rolle als cholerischer Vater Kalle machst du in dem Film eigentlich alles falsch, was man falsch machen kann. Nun bist du selbst sechsfacher Vater. Machst du es privat besser?
Ich denke, man sollte es unbedingt besser machen als Kalle. Man kann daraus lernen, was in der jeweiligen Situation eine Option ist oder eben auch nicht. Es ist auf jeden Fall sehr lustig, wie Kalle damit umgeht, und es war auch lustig, das zu spielen. Aber so machen sollte man das auf keinen Fall. Väter benehmen sich nun mal kindisch, wenn die Töchter ihren ersten Freund haben. Ich habe es aber auch schon anders herum erlebt, also wie es ist, wenn der Sohn die erste Freundin mit nach Hause bringt. Du glaubst nicht, was da so abgeht. Wie reagieren Mütter auf jüngere Frauen im engeren Kreis? Wird man da mit seinem eigenen Ich konfrontiert? Ist das eine Konkurrenz? Für welche Rolle entscheidet man sich? Könnte man auch einen Film drüber machen.
Du würdest dich von der Rolle als überambitionierter Vater also abgrenzen wollen?
Alle drei Väter im Film sind ja völlige Vollidioten. Du guckst das und denkst: „Oh Gott, das macht der jetzt hoffentlich nicht.“ Und selbst wenn du Dinge schon ähnlich gemacht hast, bereust du das hinterher natürlich, weil die Reaktion darauf sofort kommt. Du kriegst ja schon allein von deiner Frau direkt einen reingesemmelt, und das absolut zu Recht.
Aber es macht doch was mit einem, wenn die Tochter mit einem Typen nach Hause kommt, der so gar nichts zu taugen scheint?
Du hast doch keine Chance, was willst du machen? Es gibt keine Regel dafür. Wenn es richtig gut ist, wird es klappen. Wenn nicht, wird es schon von allein auseinandergehen. Wenn man Angst hat, dass die Tochter mit 18 oder 20 einen anschleppt, der einem nicht gefällt und mit dem sie dann gleich das ganze Leben zusammen ist, das wäre schon extrem unrealistisch.
Zumal so ein Kind ja dazu neigt, eher trotzig zu reagieren und das Ding dann erst recht durchzuziehen.
Eben, und genau deswegen sollte man sich als Vater aus der Partnerwahl der Tochter komplett raushalten. Du erreichst das Gegenteil, wenn du irgendwas Schlimmes verhindern willst. Du wirst das Schlimmste heraufbeschwören. Das ist doch in einer Beziehung nicht anders. Wenn dir ein Mann sagt, du musst das jetzt so und so machen … zeige mir eine Frau, die das dann auch so tut. Umgekehrt ist das übrigens genauso.
Du wirkst eigentlich immer äußerst zufrieden mit deinem Leben. Gibt es auch Dinge, die dir Sorgen oder Angst bereiten? Gerade aktuell?
Ach, wir sind doch privilegiert, uns geht es gut. Ich bin froh, dass ich jetzt 52 bin und so viele tolle Sachen erleben durfte und tolle Kinder habe. Ich habe viel Bestätigung bekommen, habe viel gelernt, aber auch Niederlagen eingesteckt und bin immer wieder aufgestanden. Ich finde mein Leben cool. Das hatte die Generation meiner Eltern nicht so.
Für die Jüngeren, so auch deine Kinder, gestaltet sich das zukünftig womöglich alles schwieriger. Macht man sich da als Elternteil Gedanken drüber?
Das war schon immer so, sogar viel schlimmer. Meine Mutter ist 1935 geboren. Mein Vater war zehn Jahre in der Hitlerjugend. Berlin bombardiert, England niedergefräst und Hamburg weggebrannt. Dieser Aufbau, was da für eine Stimmung war. Leute sind auf der Straße gestorben. In der Zeit haben die Menschen auch Kinder gekriegt. Sonst wären wir ja jetzt nicht da. Wir sind aktuell in einer rein intellektuellen Krise. Wir haben gerade kein Bombardement – zumindest nicht bei uns. Aber auch da ist es wichtig, dass die Leute weitermachen, nicht aufgeben und wir ihnen helfen. Es muss eine neue Generation geben, die das Land wieder aufbaut – zum Beispiel in Syrien. Die Menschen müssen weitermachen, du hast keine Wahl. Angst ist kein guter Begleiter im Leben.
„Weitermachen“ klingt für mich aber so wenig nach Veränderung. Die wäre doch gerade jetzt nötig?
Klar. Wir töten beispielsweise jeden Tag Tiere ohne Ende, auf eine ganz brutale Art und Weise, um zu überleben. Man kann vieles ein bisschen besser machen, als wir es tun. Man muss die Ressourcen anders verwalten und das Leben anders leben. So, dass wir eben nicht unsere eigene Welt zerstören und alle Tiere töten. Vielleicht gibt es auch eine andere Möglichkeit zu überleben?
Der Fleischkonsum ist in den letzten Monaten gesunken, vegane Produkte finden immer mehr Anhänger. Es wird weniger geflogen, das Klima hat sich ein wenig erholt. Doch wie lange hält das an, wenn wir die Pandemie erstmal im Griff haben?
Es gibt die ersten Tests mit Elektroflugzeugen. Die Energie dafür muss aber grüner werden. Viel mehr vegane Produkte müssen her. „Fridays for Future“ ist eine Bewegung, die die Schüler initiiert haben. In Amerika treten die Schüler gegen die Waffenlobby auf, weil sie keine Lust auf Amokläufe an ihren Schulen haben. Das alles muss man in die Politik aufgenommen werden. Ich denke immer positiv. Es fühlt sich schon besser an, an das Gute zu glauben, ohne dumm zu sein. Ich glaube daran, dass wir immer mehrere Möglichkeiten haben. Man darf niemals aufgeben.