Ins Kino kommt „Mank“ aufgrund der Pandemie zwar nicht wie geplant. Dafür ist der Film über den mutmaßlichen „Citizen Kane“-Drehbuchautor Mankiewicz nun bei Netflix verfügbar. Und er zeichnet ein spannendes Schwarz-Weiß-Bild der 1930er-Jahre in Hollywood.
Mit Filmen wie „Fight Club“ und „Sieben“ hat Regisseur David Fincher in den 1990er-Jahren Filmgeschichte geschrieben und brachte mit „The Social Network“ und „Gone Girl“ zuletzt noch mehr Sehenswertes in die Kinos. Auch die von ihm inszenierte Netflix-Serie „Mindhunter“ wurde zu einem riesigen Erfolg. Nun hat ihm der Streamingdienst die Umsetzung eines Projekts ermöglicht, das ihm schon lange am Herzen lag. „Mank“ behandelt die Entstehungsgeschichte des Kultstreifens „Citizen Kane“ Ende der 1930er-Jahre.
Regisseur, Produzent und Hauptdarsteller des Films war seinerzeit Orson Welles. Offiziell schrieb er auch die Geschichte über den machtgeilen Zeitungstycoon Kane. Allerdings war ein Mann namens Herman J. Mankiewicz an dem Drehbuch maßgeblich beteiligt und bekam 1942 gemeinsam mit Welles einen Oscar dafür. Um ihn, einen genialen Trunkenbold, dreht sich nun Finchers neues Werk „Mank“.
Zwischen Realität und Fiktion
Herman J. Mankiewicz (Gary Oldman) wird aufgrund seines außer Kontrolle geratenen Alkoholkonsums in ein Haus in der Mojave Wüste verbannt, um ihn so von hochprozentigen Verlockungen fernzuhalten. Stattdessen soll er sich auf das Drehbuch für Orson Welles‘ (Tom Burke) Regiedebüt konzentrieren. Extrem schmale 60 Tage hat er dafür Zeit und erhält Unterstützung von der britischen Schreibkraft Rita (Lilly Collins) und der deutschen Krankenschwester Freda (Monika Gossmann). Denn Mank ist nach einem Sturz verletzt und auf Krücken angewiesen, was sein Leben nicht angenehmer macht.
Schon sein Bruder Joe (Tom Pelphrey) warnt Mank vor dem Projekt, für das Welles verlangt, er solle seine Arbeit ohne Namensnennung erledigen. Zudem ist die Angst seiner Angehörigen groß, dass der unbequeme Mank sich unliebsame Feinde macht. Denn das Vorbild für Citizen Kane ist der einflussreiche Medienmogul William Randolph Hearst (Charles Dance) – niemand, den man gegen sich aufbringen möchte. Allerdings scheint der von dem kauzigen Kreativen ganz angetan zu sein. Und auch mit Hearsts bester Freundin, der Schauspielerin Marion Davies (Amanda Seyfried) freundet sich Mank an. Am Ende spielt der Streit um die Rechte an der Geschichte im Film nur eine untergeordnete Rolle.
Drehbuch von Vater Fincher
Das Drehbuch zu „Mank“ stammt von David Finchers Vater Jack, einem Journalisten, der bereits 2003 verstarb und nun die Umsetzung seiner Geschichte leider nicht mehr mitbekommt. Denn er verpasst etwas, so viel ist sicher. „Citizen Kane“ war Jack Finchers Lieblingsfilm. Nach seiner Pensionierung entwickelte er den Stoff zu „Mank“ über mehrere Jahre. Umgesetzt wurde er lange nicht, auch wenn David Fincher es häufiger versuchte. Am Ende machten die Studios doch immer wieder einen Rückzieher. Und so ist es nun Netzflix zu verdanken, dass der Film doch noch sein Publikum erreicht. Und ähnlich wie bei Martin Scorseces „The Irishman“ dürfte der schwedische Streamingriese Fincher freie Hand gelassen haben. Klassisches Kinomaterial erwartet den Zuschauer hier nämlich nicht.
„Mank“ ist Hommage und zynisches Bild der frühen Traumfabrik Hollywood zugleich. Die Szenen und Rückblenden werden durch getippte Drehbuchanweisungen eingeleitet. Passagen aus „Citizen Kane“ werden zitiert, und so ist der Film vor allem für wahre Cineasten ein absolutes Highlight. Wer sich filmgeschichtlich wirklich auskennt und genau aufpasst, wird zahlreiche große Namen und immer wieder Anspielungen auf andere Filme aus der Ära entdecken. Doch auch alle anderen kommen bei „Mank“ auf ihre Kosten. Teils knisternde Schwarz-Weiß-Bilder und eine Inszenierung im Stile der alten Klassiker, eine herausragende Ausstattung, pointierte Dialoge und vor allem ein fantastischer Gary Oldman sowie Amanda Seyfried als tolle Frauenfigur sorgen für spannende und unterhaltsame 132 Minuten Filmvergnügen.