Auf Netflix startet mit „Achtsam Morden“ die Serienadaption des gleichnamigen Erfolgsromans, mit Tom Schilling und Marc Hosemann im Cast. Bei ntv.de sprechen die beiden darüber, wie Humor für sie am besten funktioniert und welche Rolle die Work-Life-Balance in ihrem Leben spielt.
Auf Netflix startet mit „Achtsam Morden“ die Serienadaption des gleichnamigen Erfolgsromans von Karsten Dusse um den sich in Achtsamkeit übenden Anwalt Björn Diemel. In der Hauptrolle zu sehen ist Tom Schilling, einer der ihm gegenüberstehenden Bösewichte namens Toni wird von Marc Hosemann gespielt. Im Interview mit ntv.de sprechen die beiden darüber, wie Humor für sie funktioniert und welche Rolle die Work-Life-Balance in ihrem Leben spielt.
ntv.de: Hattet ihr die Bücher von Karsten Dusse bereits mal gelesen, als die Option zur Serie aufpoppte? Oder hattet ihr zumindest vorab davon gehört?
Tom Schilling: Irgendwas klingelte da, aber ich habe es mit „Morden im Norden“ verwechselt, als ich das Drehbuch auf dem Tisch hatte. Doch nachdem ich es gelesen hatte, also die erste Episode, habe ich mir den Roman gekauft und war hin und weg. Ich dachte: „Oh, das ist ja toll, was da alles drinsteckt.“
Marc Hosemann: Ehrlich gesagt, kenne ich mich mit zeitgenössischer Literatur nicht so aus. Ich lese tatsächlich kaum noch moderne Romane, weil mir die großen, alten Werke einfach mehr Spaß machen. Vor allem die russische Literatur. Und ich liebe Zadie Smith. Aber das liegt wahrscheinlich auch daran, dass ich durch meine Arbeit an der „Volksbühne“ und die Stücke, die wir dort gespielt haben, damit in Berührung gekommen bin. Also ja, ich kannte „Achtsam Morden“ vorher nicht.
Was hat euch an euren Rollen oder an der Geschichte an sich überzeugt?
Schilling: Der Humor von Karsten Dusse. Ich glaube, es ist sein Alter Ego, das er da beschreibt. Er ist selbst Jurist, aber auch Comedy-Autor, und er nimmt diese Achtsamkeit sehr ernst. Das zeigt sich in seinem Roman. Er hat großartige Vorbilder und bringt all das in die Geschichte ein. Besonders gut finde ich, wie er Dialoge schreiben kann.
Hosemann: Also ich habe das Drehbuch nicht primär auf der Humorebene gelesen. Ich habe es erst mal daraufhin gelesen, ob die Bedrohlichkeit meiner Rolle Toni funktioniert, weil es in „Achtsam Morden“ eine ernste Bedrohung gibt. Ich habe geschaut, ob sich das gut herstellen lässt. Und der Humor ergibt sich dann durch das Timing.
Was muss eine Komödie leisten, damit der Humor für euch funktioniert?
Schilling: Sie muss die Figuren ernst nehmen und mit echten Ängsten und Nöten arbeiten. Komödien, die konstruiert wirken, um Lacher zu erzeugen, mag ich nicht. Ich mag Komödien wie „White Lotus“, wo jemand versucht, die Pineapple Suite zu bekommen, weil sie ihm zusteht. Das entsteht aus der Figur heraus.
Hosemann: Generell finde ich, dass das alles eine Frage der Situationskomik ist. Es funktioniert nicht, wenn alles nur lustig ist. Humor läuft sich dann schnell tot. Ich glaube auch, dass man in jeder ernsthaften Rolle immer etwas Witziges finden kann, und umgekehrt auch. Es funktioniert nur, wenn es beides gibt – die Ernsthaftigkeit und den Humor. Und ich gehe das beim Drehen genauso an wie auf der Bühne. Das Timing muss im Moment der Aufnahme stimmen. Wenn der Moment echt ist, merken das die Zuschauer später, selbst wenn im Schnitt etwas verändert wird. Das Timing entscheidet, ob es witzig ist oder nicht.
Merkt ihr schon anhand eines Drehbuchs, ob der Humor darin funktioniert? War das hier der Fall?
Schilling: In der Drehbuch-Adaption von „Achtsam Morden“ zeigte sich das noch nicht, aber im Roman auf jeden Fall. Letztlich hat der großartige Doron Wisotzki das Drehbuch geschrieben. Es war wichtig, den Geist und die Radikalität der Figuren aus dem Roman zu bewahren. Wenn man diese Zwiespältigkeit der Hauptfigur verlieren würde, verliert man auch den Reiz der Geschichte. Man muss einkalkulieren, dass manche Leute abspringen, die sagen: „Das finde ich abstoßend.“ Aber dafür gewinnt man die, die es mögen.
Hosemann: Ich sehe „Achtsam Morden“ auch nicht als reine Komödie. Es funktioniert, weil es diese ernsthaften Teile gibt, und dann kommen die Absurdität und das Tempo dazu, die den humoristischen Teil bringen.
Zentrales Thema der Story ist die Work-Life-Balance. Wie haltet ihr es in euren Leben damit?
Schilling: Ja, das ist ein Thema, mit dem ich etwas anfangen kann. Ich bin Anfang 40, habe drei Kinder und lebe in einer Beziehung, in der es oft darum geht, wer wie viel macht. Ich will mich selbst verwirklichen, und das ist ein Spannungsfeld. Dass das jetzt oft aufgegriffen wird, zeigt ja auch, was gesellschaftlich gerade relevant ist.
Hosemann: Ich weiß gar nicht genau, was Work-Life-Balance eigentlich bedeuten soll, aber ich höre das ständig. Ich versuche, morgens und abends zehn Minuten zu meditieren. Wenn ich es nicht mache, merke ich, dass mir etwas fehlt. Es bringt mich runter und erdet mich. Heute habe ich es nicht gemacht. Vielleicht merkt man das sogar. (lacht) Aber als Schauspieler hat man ja immer im Hinterkopf, dass es nicht selbstverständlich ist, einen Job zu haben. Das bedeutet, dass man manchmal einfach alles annimmt, was kommt. Aber ich habe auch gelernt, dass man irgendwann sagen muss: „Stopp!“ Momentan habe ich das Glück, nicht alles machen zu müssen, nur um Geld zu verdienen. Aber ich weiß auch, wie schnell sich das ändern kann. Diese Unsicherheit bleibt immer. Aber Work-Life-Balance? Nein, bei mir findet die eigentlich nicht statt.
Es gibt in eurem Fall neben der Work-Life-Balance auch eine Work-Work-Balance. Tom, wie sieht es mit der Musik aus? Du hast mit Die andere Seite eine Band, deren letztes Album im Frühjahr 2022 erschienen ist …
Schilling: Wir haben lange nicht gespielt, was ich bedauere. Grundsätzlich muss vieles aus mir selbst kommen, und dieses Jahr fehlte mir der Drive. Aber ich denke oft darüber nach, und wir wollen wieder mehr spielen. Gleichzeitig entwickle ich gerade einen eigenen Serienstoff. Das mache ich, genau wie die Musik, eher autodidaktisch. Mal sehen, ob es gelingt.
Ein Projekt, bei dem du dir vorstellen könntest, selbst mitzuspielen? Oder siehst du dich eher in der Rolle des Autors, Showrunners, vielleicht Regisseurs?
Schilling: Erst mal bin ich noch nicht so weit. Aber es gibt viele Möglichkeiten: mitspielen, schreiben oder auch Regie führen. Alles schöne neue Aufgaben.
Marc, bei dir ist eine weitere Facette deines Jobs das Theaterspielen. Oder bleibt das aufgrund des vielen Drehens gerade auf der Strecke?
Hosemann: Ich habe immer versucht, Abwechslung zu haben, sei es im Theater oder beim Film. Es gab in meiner Karriere immer Höhen und Tiefen, und das hat mich auf dem Boden gehalten. Besonders das Theater hat mir viel beigebracht, vor allem an der „Volksbühne“. Da konnte ich Dinge tun, die ich im Film vielleicht nicht machen konnte. Das Theater hat mir eine gewisse Freiheit gegeben, die ich jetzt auch beim Film immer mehr finde.
Also spielst du derzeit noch Theater?
Hosemann: Ja, ich spiele im Berliner Ensemble „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“. Das ist ein forderndes Stück und kostet viel Kraft. Aber wenn ich kein Theater spiele, fehlt mir das irgendwann.