Googelt man »Phoenix«, erscheinen zunächst ob der vielfachen Bedeutung des Wortes zahlreiche, für mich in Vorbereitung auf diesen Artikel völlig unbedeutende Einträge. Fernsehsender, Hersteller industrieller Verbindungstechnik, Veranstalter von See- und Flussreisen, Pharmahandel, Hersteller biologischer Arzneimittel, Solartechnik oder amerikanische Großstadt? Nein, das will ich alles nicht. Ich suche Phoenix, die Band aus dem schönen Versaille nahe Paris, die bei uns erstmalig 2001 im großen Stil auf sich aufmerksam machte, und zwar mit dem Buffalo Bunch Remix ihrer »United«-Auskopplung »If I Ever Feel Better«.
Mit »Alphabetical« und »It’s Never Been Like That« wurden 2004 und 2006 zwei weitere Studioalben abgeliefert. 2004 erschien mit »Thirtydaysago« zudem ein Live-Album, erst kürzlich gefolgt vom originellen »Tabloid«-Mix für Kitsuné. Ab dem 22. Mai steht nun mit »Wolfang Amadeus Phoenix« auch Longplayer Nr. 4 bereit – damit ist die Zeit mehr als reif für ein kurzes Gesprächsintermezzo. Ich erreiche Gitarrist Christian Mazzalai eines frühlingshaften Morgens daheim in Versaille am Telefon und lasse mich über das liebevoll kurz »Wolfang« genannte Album von ihm aufklären.
Das Infosheet erklärt, es handele sich bei „Wolfang Amadeus Phoenix« um das beste Phoenix-Album aller Zeiten. Klar, wer wirbt schon damit, dass frühere Veröffentlichungen eigentlich besser waren als die aktuelle? Im Falle von Phoenix aber entspricht es durchaus der Wahrheit, hat man doch einige grundlegende Dinge anders gemacht als zum Beispiel noch bei »Alphabetical«, wie mir Chris in charmant gebrochenem Englisch berichtet: »Während wir das letzte Album in wenigen Monaten in Berlin aufnahmen, haben wir uns diesmal viel mehr Zeit gelassen.« Eineinhalb Jahre, um genau zu sein. So lange hat es gedauert, bis »Wolfgang« unter der produktionstechnischen Federführung von Philippe Zdar (Cassius) fertig gestellt war.
Und anstatt sich während der Aufnahmen im aufgeregten Paris oder erneut in Berlin herumzutreiben, hat man diesmal gänzlich andere Orte als Inspirationsquellen genutzt. »Wir haben zum Beispiel im Atelier des Malers Théodore Géricault, einem Romantiker aus dem 19. Jahrhundert, gearbeitet. Das Licht dort war großartig. Oder wir mieteten ein Hausboot auf der Seine.« Nicht unbedingt die beste Idee, waren nicht alle Bandmitglieder seefest. Weniger kompliziert war dagegen der einmonatige Ausflug ins Luxus-Hotel »Bowery« in New York City. Eben jene unterschiedlichsten Eindrücke sind nun nicht nur hör-, sondern geradezu spürbar. Wieder mischt sich die elektronische Beatprogrammierung mit Indierockgitarren, wie man es von Phoenix kennt, und doch wirkt »Wolfgang« noch ein Stück frischer, reifer und breiter gefächert.
Ohnehin sind Thomas Mars (Vocals), Christian Mazzalai (Gitarre), Laurent Brancowitz (Gitarre) und Deck D‘Arcy (Bass) als Band nur schwer in eine der Schubladen, derer sich der Musikjournalismus bis heute gern bedient, zu stecken. Indieband oder elektronischer Musik-Act? Die Kombination aus Bass, zwei Gitarren und Drummachine macht es einem da schwer. Selbst sehen sich Phoenix als eine Fusion aus beidem. 70 Prozent Indie, 30 Prozent Electro? Sie sind auf Festivals wie »Rock am Ring« und »Rock im Park« ebenso dabei wie beim »Melt!« oder auch diesen Monat (23. Mai) bei »Electronic Beats« im Kölner E-Werk an der Seite von Simian Mobile Disco, Gossip und Junior Boys.