„The Sisters Brothers“ – Der staubige Weg zur Selbsterkenntnis

„The Sisters Brothers“ – Der staubige Weg zur Selbsterkenntnis

Der Franzose Jacques Audiard verfilmt einen bizarren Western-Roman, der die Geschichte zweier ungleicher Brüder auf dem Weg zu sich selbst erzählt. Mit Phoenix, Gyllenhaal und Reilley ist der Film auch noch ziemlich stark besetzt.

Ein Western hat männlich, blutig und schmutzig zu sein. An der Stelle zumindest macht auch „The Sisters Brothers“ keinen Unterschied. Der von Jacques Audiard inszenierte Film über zwei ungleiche Brüder ist aber dennoch ein eher ungewöhnliches Exemplar dieses Genres. Statt wilder Cowboy-und-Indiander-Action liefert er abseits des Mainstreams eine fein gezeichnete Charakterstudie zweier gescheiterter Helden.

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Im Zentrum der sich 1851 in Oregon zutragenden Geschichte stehen die besagten Sisters Brothers, gespielt von Joaquin Phoenix (Charlie Sisters) und John C. Reilley (Eli Sisters), die sich als Handlanger des Bosses aller Gesetzlosen, dem Commodore, ihre Sporen verdienen. Sie sollen einen Mann töten, der den Chef angeblich bestohlen hat.

Der zarte und verletzlich wirkende Hermann Kermit Warm, dargestellt von dem aus Pakistan stammenden Briten Riz Ahmed, ist allerdings weniger ein knallharter Krimineller als ein gewiefter Chemiker, der in Texas eine sozial-demokratische Enklave gründen möchte. Das Geld dafür will er sich durchs Goldschürfen erarbeiten. Zu diesem Zweck hat er eine ätzende Substanz entwickelt, mit der sich die gerade Mann und Maus bewegende Goldsuche deutlich vereinfachen lässt. Ein Lauge, die das Gold sichtbar macht, allerdings auch ein großes Risiko birgt. Kein Wunder, dass der Commodore hinter ihm und seinem Mittelchen her ist. Die Vorhut der Sisters Brothers bildet Detektiv Jim Morris, den Jake Gyllenhaal verkörpert. Er soll Warm aufspüren und die Sisters-Brüder über seinen Aufenthaltsort informieren. Die zwei folgen den beiden, um in Kalifornien den Rest des Jobs zu erledigen und Warm zu töten.

Tiefgründige Lagerfeuer-Gespräche

Auf ihrer Reise kommen sowohl Morris und Warm, als auch Charlie und Eli zu einigen Erkenntnissen, die in tiefgründigen Lagerfeuer-Gesprächen eruiert werden. Morris‘ Einstellung zu Warm ändert sich, als er ihn kennenlernt, was einen massiven Einfluss auf seinen Job hat. Die Brüder dagegen sind sich hinsichtlich ihrer Zukunft uneins. Möchte Eli das mit diesem Job ins Haus flatternde Geld gern für den Ausstieg aus dem Killer-Business nutzen, strebt sein Bruder eher die Alleinherrschaft und damit die Ablöse des Commodore an. Das führt zu Zwist unter den Brüdern, was auch ihren Job nicht unbedingt vereinfacht. Dass am Ende alles anders kommt als erwartet, ist selbstverständlich und unabdingbar für einen guten Film. Einen Film, für dessen Regie Audiard in Venedig immerhin den Silbernen Löwen bekam.

Der Franzose, der bereits für Filme wie „Der Prophet“ und „Der Geschmack von Rost und Knochen“ auf diversen Festivals mit Preisen ausgezeichnet wurde, legt mit „The Sisters Brothers“ einen sehr eigenwilligen Western vor, der – nebenbei bemerkt – ohne Indianer und – weniger überraschend – mit sehr wenig Frauen auskommt.

Ein ungewöhnlich „leiser Western“

Audiard arbeitete für diese Roman-Adaption zum ersten Mal mit US-Stars zusammen und spricht von einem „dritten Weg“, das Genre Western zu gestalten. Nicht empathisch, wie die Klassiker es taten, und auch nicht so cool wie bei Quentin Tarantino. Einen „leisen Western“ wollte er machen, und das ist ihm in weiten Teilen gelungen. Was allerdings nicht heißt, dass den handelnden Personen weniger Gewalt, Brutalität und Schrecken widerfahren, als es in der ungezähmten Wildnis seinerzeit nun einmal üblich war. Ohne all das wäre so ein Western auch äußerst unglaubwürdig.

Im Gegensatz zum üblichen Cowboy-Klischee reden die Männer in diesem Film. Über ihr Verständnis von Männlichkeit, gestörte Beziehungen zum Vater und vor allem die gestörte Beziehung zu sich selbst. Während „The Sisters Brothers“ im Trailer noch fast einen komödiantischen Anstrich hat, wird der Film in seiner gesamten Länge eher zum großen Drama. Ein wenig wirkt es, als habe sich Audiard nicht so recht zwischen beidem entscheiden können, was sicherlich einen Schwachpunkt des Films markiert. Auch hätte ihm an der einen oder anderen Stelle eine Straffung nicht geschadet.

Allerdings ist „The Sisters Brothers“ abseits dieser Kritikpunkte ein besonderer und besonders anrührender Western, der nicht allein wegen seiner starken Besetzung auch Menschen gefallen dürfte, die diesem Genre sonst nichts abgewinnen können.

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