So alt wie man sich fühlt und jünger

So alt wie man sich fühlt und jünger

Ich sag es mal, wie es ist: Ich werde alt. Super finde ich das nicht, wie wohl ca. 97 Prozent der sich als zivilisiert bezeichnenden Menschheit. (Die übrigen drei Prozent lügen oder machen sich was vor.) Schnell feststellen lässt sich das bei einem Blick in die ausdruckslosen Gesichter von Kylie Minogue, Nicole Kidman und nun auch Gwyneth Paltrow. Die sind teils älter als ich, sehen aber jünger aus, können sich allerdings vor lauter Straffung in spätestens zwei Jahren nicht mehr bewegen, weil ihnen beim kleinsten Lächeln eine Naht an Knie oder Hintern aufplatzt. DAS passiert mich nicht.

Was nicht heißt, dass ich in meinen Bewegungsabläufen nicht ebenfalls eingeschränkt bin. Das aber liegt weniger an den Pfuschereien irgendwelcher Hollywood-Skalpellmeister, sondern eben am fortschreitenden Alter. Neulich wollte ich mit der Schlagbohrmaschine ein Loch in die Zimmerdecke bohren. Seitdem plagt mich ein Schmerz in der rechten Schulter, der einfach nicht verschwinden will, sowie ein missratener Krater schräg über mir.

Im ersten Fall war ich nach drei Wochen Quengelei bereit, mir Hilfe zu holen, also ab zum Orthopäden. Schon seine Begrüßung machte mich betroffen: „Wie kann ich ihnen helfen, zu mir kommen eigentlich ja nur Rentner.“ Ah ja. Nun, Geschichte erzählt, Problem erkannt: „Sie haben (wie wohl ebenfalls 97 Prozent der sich als zivilisiert bezeichnenden Menschheit) einen Knick-Spreiz-Senkfuß. Deswegen gehen und stehen sie falsch und daher kommen die Beschwerden. Ich verschreibe Ihnen Einlagen.“

Moooment! Das heißt, ich trage ab jetzt beige Gesundheitsschuhe mit rutschfesten Gummisohlen? Gefühlt zumindest. Dennoch frage ich mich, wozu ich dann schon als Kind mit diversen Optik und Gesundheit verbessernden Utensilien gequält wurde, wenn ich 30 Jahre später wieder an genau der selben Stelle stehe? Zwar sind es inzwischen Kontaktlinsen statt die Hornbrille gegen das Schielen, eine Brücke statt der Spange gegen die schiefen Fronthauer, sowie Einlagen für Knick-Spreiz-Senkfüße statt gegen das „Überdengroßenonkellatschen“, aber wo ist da schon der Unterschied? Und könnte man auch meinen, all das würde einem helfen, sich mal wieder wie ein Vorschulkind zu fühlen – das tut es nicht.

Was kommt als nächstes? Das künstliche Hüftgelenk, der Rollator, Teena Lady oder Lifta, der Treppenlift? Demnächst müssen sich dann wohl auch die Clubbetreiber den Gegebenheiten anpassen und ihre Läden und insbesondere die DJ-Pulte altengerecht umbauen. Wir werden schließlich alle nicht jünger.

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