Sophia Coppola: „Priscilla hat mir nicht über die Schulter geschaut“

Sophia Coppola: „Priscilla hat mir nicht über die Schulter geschaut“

Mit „Priscilla“ widmet sich Sofia Coppola der nicht immer nur schönen Geschichte von Priscilla Ann Wagner, die als Teenagerin Elvis Presley kennenlernt und ihn später heiratet. Im Interview mit ntv.de spricht die Regisseurin unter anderem über die Arbeit mit ihrer realen Hauptfigur.

Dank Filmen wie „Lost in Translation“, „Somewhere“, „The Virign Suicides“ und „Marie Antoinette“ ist Regisseurin und Autorin Sofia Coppola schon lange nicht mehr nur die Tochter von Regielegende Francis Ford Coppola. Bekannt ist die 52-Jährige vor allem dafür, Geschichten über junge Frauen aus deren Perspektive zu erzählen. Ebendies geschieht nun auch bei ihrem neuen Film „Priscilla“, in dem sie sich den Teenagerjahren von Priscilla Ann Wagner widmet, die im Alter von 14 Jahren den zehn Jahre älteren Elvis Presley kennenlernt und ihn mit 21 Jahren heiratet.

Mit ntv.de sprach Sofia Coppola unter anderem über ihre Arbeit an dem Projekt mit Unterstützung der realen Hauptfigur und die nicht immer angenehme Rolle von Elvis in dieser wahren Geschichte.

ntv.de: Mrs. Coppola, was wussten Sie über Priscilla Presley, bevor Sie sich für Ihr Projekt intensiv mit ihr beschäftigt haben?

Sofia Priscilla: Ich wusste nicht viel über sie, kannte auch nur die Fotos von ihr, zum Beispiel die von der Hochzeit mit Elvis. Sie war für mich eine Art glamouröse Figur der amerikanischen Gesellschaft. Als ich dann ihr Buch gelesen habe, habe ich so viel entdeckt und war an vielen Stellen ehrlich überrascht.

Haben Sie das Buch bereits mit dem Plan gelesen, einen Film darüber zu machen oder war es umgekehrt?

Nein, ich hatte mir das Buch mal als nette Urlaubslektüre zugelegt. Dann habe ich es aber lange nicht gelesen – bis vor ein paar Jahren eben. Und ich war wirklich beeindruckt, es hat mich sehr berührt. Priscillas Geschichte, wie sehr sie gekämpft hat, und dass sie am Ende die Kraft hatte, zu gehen. Erst danach habe ich weiter darüber nachgedacht …

War Priscilla Presley in irgendeiner Weise in Ihre Vorbereitungen involviert?

Ja, das war sie. Ich habe das Drehbuch geschrieben und es ihr dann gezeigt. Wir haben viel über die Szenen gesprochen, und ich habe ihr Fragen gestellt, während ich daran gearbeitet habe. Sie hat sich eingebracht, wollte mir aber auch Freiheit geben, also waren wir meist am Telefon, zum Set kam sie nie. Sie hat mir nicht die ganze Zeit über die Schulter geschaut. Sie war wirklich nett, hat mir Raum gegeben und mir vertraut. Darauf vertraut, dass ich sensibel damit umgehe. Es war wichtig, dass da auch viel Liebe zwischen ihr und Elvis war. Umso schwieriger war es, die Balance zwischen Licht und Dunkel zu finden. Als ich ihr den Film dann gezeigt habe, war ich sehr nervös, doch sie war gerührt und meinte, das bilde wirklich ihr Leben ab.

Hilft es, wenn der Mensch, über den man ein Biopic dreht, noch lebt, oder macht es das schwieriger?

Bei „Marie Antoinette“ war das natürlich anders. (lacht) Es war jetzt das erste Mal, dass ich darüber nachdenken musste, anstatt mich allein darauf konzentrieren zu können, was ich will. Ich muss ja auch Verantwortung übernehmen. Aber es war auf jeden Fall eine tolle Erfahrung, sie fragen zu können.

Wie war denn Ihr persönlicher Bezug zu Elvis und seiner Musik vor diesem Film? Und hat sich daran etwas verändert?

Man bewundert ihn natürlich als einen einzigartigen Künstler, weil sein Stil eben so einzigartig ist. Aber ansonsten habe ich nie viel über Elvis nachgedacht, er war einfach immer irgendwie da. Sehr amerikanisch, wie Coca-Cola und Mickey Mouse. Er war ein Symbol für Amerika zu seiner Zeit, aber ich wusste nicht viel über ihn, als ich aufgewachsen bin. Und auch jetzt habe ich mich lieber auf Priscilla konzentriert, auch wenn ich dadurch ebenfalls viel über Elvis erfahren habe.

Für manchen eingefleischten Elvis-Fan könnte es an der einen oder anderen Stelle ja schon wehtun …

Ja, das stimmt natürlich. Dennoch wollte ich mich auf Priscilla fokussieren und ihre Geschichte erzählen. Eben das, was mich daran bewegt hat. Ich weiß aber natürlich, dass es viele verschiedene Meinungen geben wird.

Wie schwer oder einfach war es, die Schauspieler für diese beiden Rollen zu finden? Also Cailee Spaeny und Jacob Elordi.

Sehr schwierig. Es ist eine Herausforderung, wenn man berühmte Charaktere mit berühmten Schauspielern besetzt, die nicht die ganze Zeit von den Figuren ablenken sollen. Und es war wichtig, eine Schauspielerin zu finden, die sowohl eine 14-Jährige als auch eine 29-Jährige glaubwürdig verkörpern kann. Umso glücklicher war ich, als ich Cailee traf. Sie sieht so jung aus, obwohl sie 20 ist. Es war beeindruckend zu sehen, wie sie sich verändert hat. Ich selbst habe eine 16-jährige Tochter, und als ich Cailee als 16-Jährige sah, fühlte es sich authentisch an. Und Jacob … nun, niemand sieht genauso aus wie Elvis, also habe ich versucht, Qualitäten zu finden, von denen ich denke, dass sie seine verletzlichen Seiten zeigen. Jacob ist sensibel genug, das darzustellen, und er hat das dafür nötige Charisma und den richtigen Charme.

Sie erzählen vorzugsweise Geschichten von jungen Frauen und deren Perspektiven. Wie aber ist Ihr Blick auf das Filmbusiness selbst? Hat sich in Hollywood für Frauen in den letzten Jahrzehnten etwas zum Guten verändert?

Es ist schon anders als am Anfang. Es gibt viel mehr Regisseurinnen, es geht in die richtige Richtung. Und auch die Art der Geschichten hat sich gewandelt, die Leute sind offener dafür als zu jener Zeit, als meine ersten Filme herauskamen. Damals waren viele kritisch oder lehnten manche Dinge direkt ab. Es gibt noch viel zu tun, aber ich fühle mich ermutigt, dass wir in die richtige Richtung gehen.

Gibt es bereits eine neue Idee, eine weitere Frauenfigur, aus deren Perspektive Sie erzählen möchten?

Noch bin ich mir nicht ganz sicher über das nächste Thema, aber ich interessiere mich immer für besondere Figuren und insbesondere für die Geschichten von Frauen. Das liegt in der Natur der Sache, da ich es mit meinen eigenen Erfahrungen verknüpfen kann. Das macht es für mich einfach interessanter.

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