„The Sadness“: Blutiger Zombie-Horror für Hartgesottene

„The Sadness“: Blutiger Zombie-Horror für Hartgesottene

„The Sadness“ wirbt damit, der brutalste Zombiefilm aller Zeiten zu sein. Und tatsächlich stattet der taiwanesische Streifen seine Untoten mit einer völlig neuen Dynamik aus, die die üblichen Abwehrmechanismen obsolet macht. Auch die Zuschauer müssen einiges aushalten.

Wem Zombiefilme von George A. Romero schon zu brutal sind, der sollte unbedingt Augen und Ohren vor „The Sadness“ verschließen. Der Streifen des kanadischen Regisseurs Rob Jabbaz erfindet die Untoten, denen man zwar gern in Serien wie „The Walking Dead“ und Filmen wie „Dawn of the Dead“ begegnet, aber lieber nicht im echten Leben, völlig neu.

Glaubte man, inzwischen alles über das richtige Verhalten im Falle einer Zombieapokalypse zu wissen, muss das Ganze nun neu gedacht werden. Weglaufen ist schon mal keine Option mehr, denn die Infizierten in „The Sadness“ sind ziemlich flott unterwegs. Und sie schrecken auch nicht vor dem Einsatz von Schusswaffen zurück, um ihr nächstes Opfer auf größere Entfernung niederzustrecken. Doch von vorn …

In Taiwan breitet sich eine Mutation des bereits länger kursierenden Alvin-Virus aus, die deutlich aggressiver ist als alle zuvor gekannten. Das Land ist gespalten. Während die Regierung den Ernst der Lage negiert und viele Menschen das Virus längst ignorieren, müssen jetzt plötzlich alle ums nackte Überleben kämpfen. Das gestaltet sich vor allem deswegen so schwierig, weil die Alvin-Virus-Mutante ihren Wirt in kürzester Zeit in eine blutrünstige Tötungsmaschine verwandelt, die so gar nichts gemein hat mit den sonst eher behäbigen Zombies der Filmgeschichte.

Das erfahren Junzhe (Tz-Chiang Wang) und seine Freundin Kai Ting (Regina Lei) am eigenen Leib. Eben noch liegen sie gemütlich und nichtsahnend gemeinsam im Bett, da werden sie auch schon getrennt voneinander an unterschiedlichen Orten der Stadt von einer Welle der Gewalt heimgesucht, der sie sich auf dem Weg zurück zueinander immer wieder aufs Neue stellen müssen. Die Straßen werden überflutet von sadistischen und sexuell enthemmten Infizierten, die ein regelrechtes Blutbad anrichten.

Jugendfreigabe ausgeschlossen

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Immer schön freundlich bleiben, auch wenn es schwer fällt.(Foto: Capelight Pictures)

Es ist unwahrscheinlich, dass „The Sadness“ selbst in geschnittener Fassung in auch nur einem einzigen Land eine Jugendfreigabe bekommt, und so erscheint das Werk bei uns ungekürzt und unzensiert für alle ab 18-Jährigen in den Kinos. Würde man den Film so zurechtschneiden, dass ihn auch ein jüngeres Publikum ohne psychische Schäden übersteht, blieben wohl nur die paar Minuten vom Anfang übrig, in denen sich Junzhe und Kai Ting wie ein ganz normales Paar in den Tag stürzen. Ansonsten ist „The Sadness“ ein Splatter-Movie allererster Güte.

Drastischer könnten die Tötungsszenen jedenfalls nicht sein. Massenweise werden die Menschen unter anderem in öffentlichen Verkehrsmitteln niedergemäht. Als wäre der Transport in einer überfüllten U-Bahn nicht auch so schon schlimm genug. Dazu feiern die Zombies gern blutüberströmte Orgien und ergehen sich in unterschiedlichsten Metzel-Exzessen, bei denen auch Innereien das Neonlicht der Unterwelt erblicken.

Auf diese Weise kommt der Film nach dem Auftauchen des ersten Untoten aus der Spirale aus Sex, Blut und Gewalt gar nicht mehr heraus. Dabei ist das Gezeigte derart auf die Spitze getrieben, dass trotz aller Brutalität auch die Intensität des Horrors nicht untergeht. Vor allem, dass den Infizierten ein Rest menschlichen Denkvermögens und eine gewisse Handlungsfähigkeit zugestanden werden, macht es nahezu unmöglich, ihnen zu entkommen.

Parallelen zur Pandemie

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Kai Ting (l.) flüchtet gemeinsam mit einer blinden U-Bahn-Passagierin.(Foto: Capelight Pictures)

Ein bisschen scheint das Virus in jedem Infizierten dessen wahres Ich hervorzubringen. So wird aus dem Unsympath, der Kai Ting in der U-Bahn eben noch sexuell belästigte, in der Zombie-Version ein brutaler Triebtäter. Und die Schüler, die vor dem Virusbefall einen Schwächeren mobbten, setzen ihr Tun infiziert weitaus brutaler fort. Aus feministischer Sicht ist „The Sadness“ sicherlich bedenklich, denn vor allem die Gewalt, die an Frauen verübt wird, ist schwer zu ertragen – ohne hier zu sehr ins Detail gehen zu wollen.

Regisseur Jabbaz spielt mit seinem Film zwar auch auf die aktuelle Corona-Situation an, doch eine Kritik an Taiwans Umgang mit der Krise sei das nicht, sagt er. Der Inselstaat hat die Lage immer ernst genommen und ist recht rigoros vorgegangen, ganz anders als das „alternative Taiwan“ in „The Sadness“. Allerdings sollen Jabbaz für die Finanzierung des Films seitens der Produzenten Bedingungen gestellt worden sein. Eine davon war, dass eine Pandemie Auslöser der blutigen Ereignisse ist. Am Ende wirkt vor allem die Reaktion der Politik sowie die Pandemie-Müdigkeit der Bevölkerung mit Blick auf die aktuelle Lage dann aber doch wie Satire.

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