Ich gebe gerne zu, dass ich seinerzeit schon früh im Web 2.0 angekommen war und bis heute den Weg raus nicht mehr gefunden habe. Ein eigener Blog, eine MySpace-Seite, ein Twitter-Account, ein Facebook-Profil – das sind die Eckpfeiler einer teils beunruhigenden Entwicklung.
Dank des neuen Fincher-Streifens „The Social Network“ wird gerade das Thema Facebook aktuell wieder heiß diskutiert. Mich beschäftigt hierbei die Frage, was der User an sich seinen „Freunden“ zumuten darf. Das gemeine Facebook-Mitglied neigt dazu – sofern es nicht schon nach einem ersten neugierigen Reinschauen vor so viel Selbstdarstellung flüchtend zur Karteileiche verkommen ist – sich virtuell nackig zu machen. Nicht immer ein schöner Anblick.
Fotos von sich selbst in einem desolaten Zustand – Arm in Arm mit Fremden in nicht besserer Verfassung – aufgenommen am letzten Wochenende in der Eckkneipe, finden sich ebenso wieder, wie die ungefragt geteilte Meinung zu jedem mehr oder weniger wichtigen Thema des aktuellen Tagesgeschehens.
All das muss jeder selbst wissen, und wem der eine oder andere mit seinem im Halbstundentakt geposteten geistigen Müll auf die Nerven geht, der kann ihn ja ausblenden oder direkt löschen. Doch gibt es für mich Dinge, die mit nichts zu entschuldigen sind. Zum einen ist das das Verlinken meiner Person auf hochgeladenen Flyern zwecks Vermarktung irgendeiner blödsinningen Veranstaltung. Ich hasse es, ungewollt und ungefragt zum Werkzeug der Verbreitung völlig unwichtiger Feierinformationen gemacht zu werden – zumal es sich dabei meist um Events handelt, die ich nie im Leben besuchen würde. Dies kommt einer digitalen Vergewaltigung gleich und zieht inzwischen den unmittelbaren Rauswurf des Verlinkenden aus meiner Liste nach sich.
Desweiteren habe ich überhaupt kein Verständnis für Menschen, die ihr Liebesleben 1:1 bei Facebook nach außen tragen. Posts wie „Danke für letzte Nacht.“, „Ich liebe dich, mein Muckelbär“ oder „Ich freue mich auf Kochen und Knutschen, meine Zuckerschnecke. Bussi Bussi, Kuss Kuss!“ sind nicht nur die Ausgeburt an Peinlichkeit, sondern geben einem als gezwungen beobachtender „Freund“ das Gefühl, in der Bettritze des entsprechenden Paares zu liegen und selbständig dort nicht mehr herauszukommen. Hier stellt sich alsbald der selbe Effekt ein, der uns auch Sendungen wie „Schwiegertochter gesucht“ schauen lässt: Die unerklärte Lust am Fremdschämen. Ab sofort werden derartige Einträge von mir mit folgendem Satz kommentiert: „Gott hat uns E-Mail, Telefon und SMS gegeben. Nutzt es!“