„Where’s Wanda“: Auf der Suche nach einem zündenden Gag

„Where’s Wanda“: Auf der Suche nach einem zündenden Gag

Mit „Where’s Wanda“ startet die erste deutsche Apple TV+ Serie mit Heike Makatsch und Axel Stein in den Hauptrollen. Als Eltern suchen sie ihre verschwundene Tochter und überwachen dafür ihre Nachbarn. Was als „Dark Comedy“ angepriesen wird, zündet allerdings nur selten.

Unter dem Titel „Where’s Wanda“ startet jetzt auf Apple TV+ eine acht Folgen umfassende Miniserie, die dem Titel nach eher dem englischsprachigen Raum entstammen könnte. Tatsächlich handelt es sich aber um eine UFA-Produktion und die erste deutsche Serie bei diesem Streamingdienst überhaupt. Da sollte man doch meinen, dass uns etwas ganz Besonderes erwartet. Das stimmt sogar, wenn auch nicht auf die gute Art. Doch von vorn.

Wir befinden uns in dem fiktiven Ort Sundersheim, der beinahe überall in (West-)Deutschland sein könnte. Dort verschwindet während des traditionellen Nuppelwokkenfests die Schülerin Wanda Klatt (Lea Drinda). Auch wenn es keine größere Rolle spielt, sei erklärt, dass es sich bei jenem Nuppelwokken um das hiesige Waldmonster handelt, das der Legende nach junge Frauen verschleppt, und dem die Sundersheimer mit jener Festivität im Stil von Karneval oder Halloween huldigen. Jedenfalls ist Wanda danach weg und die Polizei zu dusslig, sie ordentlich zu suchen. Nach ein paar Monaten ist die Teenagerin auf ihrem Roller mit dem Rotkäppchen-gleichen Umhang noch immer nicht wieder aufgetaucht, sodass ihre Eltern Carlotta (Heike Makatsch) und Dedo (Axel Stein) die Sache selbst in die Hand nehmen, unterstützt von ihrem schwerhörigen Teenie-Tech-Nerd-Sohn Ole (Leo Simon).

Lass dich überwachen …

Aufgrund einiger Hinweise glauben die Klatts, dass Wanda das Viertel nie verlassen hat, sondern jemand aus der konzentrisch angeordneten Neubausiedlung sie gefangen hält. Um das herauszufinden, statten die Klatts die Häuser rundherum heimlich mit Videokameras aus, indem sie sich in orangene Einteiler zwängen und sich als Rauchmelder-Prüfer ausgeben. Anschließend sitzen sie daheim vor mehreren Monitoren und werfen einen Blick hinter die bürgerlichen Fassaden ihrer Nachbarn. Sie beobachten diese bei allerlei schrägen Tätigkeiten, die mitunter kriminell, im besten Falle aber auch einfach nur bekloppt sind. Kommentiert werden die Ereignisse rund um die Suche nach Wanda von ihr selbst aus dem Off. Was als Prämisse erstmal gar nicht schlecht klingt, zündet dann leider eher selten.

Als „Dark Comedy“ verkauft, geht die Mischung aus vermeintlich witzigen Dialogen, skurrilen Momenten und dem Drama eines vermissten Kindes nicht so recht auf. Zwar hat Apple so einiges an Geld in diese Serie gesteckt, weshalb das Ganze hochglänzend und hübsch ausgestattet daherkommt, das kann jedoch über etliche Logiklücken, bisweilen platte Dialoge und flache Gags nicht hinwegtäuschen. Wie wahrscheinlich ist es beispielsweise, dass niemand in diesem doch sehr kleinen Ort die in derselben Nachbarschaft lebenden Eltern der verschwundenen Wanda erkennt, bloß weil sie sich farbige Overalls anziehen und eine Mütze aufsetzen?

Medienkritik, Gesellschaftssatire, Groteske?

Sei es drum, denn um Realität geht es hier natürlich ohnehin nicht. Kleinere Schmunzler können einem noch die Gastauftritte von Palina Rojinski als Desperate Housewife aus der deutschen Provinz und Devid Striesow mit Schnauzer und blondiertem Vokuhila à la „Tiger King“ abringen. Mit Nilam Farooq, Nikeata Thompson, Joachim Król und Kostja Ullmann werten weitere Stars den Cast um Makatsch und Stein auf. Doch trotz der durchaus soliden Leistung sämtlicher Schauspielerinnen und Schauspieler bleiben alle Figuren – vor allem Carlotta, Dedo und Ole – bloße Behauptung ohne echten Tiefgang. Zu vieles hier ist ohne Sinn und Verstand zusammenkonstruiert und lässt die Frage offen: Zu welchem Zweck? Ist „Where’s Wanda“ eine Medienkritik, eine Gesellschaftssatire oder eine Groteske? Für nichts davon ist das Erzählte allerdings konsequent genug.

Dabei haben auch alle hinter der Kamera Beteiligten durchaus Erfahrung in der Erstellung funktionierender Serienformate. So zeichnen Christian Ditter, Tobi Baumann und Facundo Scalerandi für die Regie verantwortlich. Sie waren – in dieser Reihenfolge – schon bei den Serien „Biohackers“, „Faking Hitler“ und „How to sell Drugs online (fast)“ involviert. Die Bücher stammen vom Briten Oliver Lansley, sodass der Verdacht naheliegt, dass der vielgelobte britische Humor in der Übersetzung auf der Strecke geblieben ist. Reine Spekulation natürlich, aber anders ist vieles an dieser Serie sonst nicht zu erklären. Die Idee stammt von Zoltan Spirandell, seines Zeichens renommierter Regisseur und somit auch nicht etwa ein unerfahrener Newbie im Filmbusiness.

An welcher Stelle genau falsche Entscheidungen getroffen wurden, die „Where’s Wanda“ trotz aller Hochkaräter vor und hinter der Kamera eher zu einem Lowlight denn einem Highlight auf dem deutschen Serienmarkt machen, ist im Nachhinein schwer zu sagen. Traurig ist es aber schon, dass die Chance, eine Serie für Apple TV+ aus Deutschland heraus zu produzieren, derartig verspielt wurde.

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