Ich bin eingeladen. Auf eine Hochzeit. Die erste – nicht nur für das Brautpaar, auch für mich. Als Gast. Und auch so. Das mag angesichts meines fortgeschrittenen Alters verwunderlich erscheinen, vermutlich aber hielt man meine Anwesenheit bisher bei solchen Veranstaltungen eher für ein schlechtes Omen denn für eine wünschenswerte Angelegenheit.
Erst jetzt weiß ich allerdings, dass man tatsächlich einiges falsch machen kann. Bisher glaubte ich, zu vermeidende Fehler seien lediglich das direkte Essen vom Büffet mit den Fingern, noch ehe es überhaupt eröffnet ist, und sich nach dem Genuss von zu vielen der dargebotenen Aperitifs gleich zu Beginn an den Bräutigam heranzuschmeißen. (Das gehört sich übrigens auch später nicht.) Lautstarke Diskussionen über Sinn und Unsinn des Heiratens im Allgemeinen sind ebenso zu vermeiden, wie die Darbietung gespielter Witze unflätiger Natur unter Einbeziehung des Brautpaars. Allerdings kann man auch schon vor statt nur während der Feier daneben greifen, was einem am Ende garantiert, nicht nur auf der ersten, sondern auch gleich auf der letzten Hochzeit gewesen zu sein.
Ich bin z.B. eine Freundin schwarzer Bekleidung, die eigentlich zu jedem Anlass passt – wenn es nach mir geht. Da ist man andernorts offenbar gänzlich entgegengesetzter Meinung, ist diese Nichtfarbe bei einer Hochzeit doch absolut tabu. Ebenso sollte man nicht in direkter Konkurrenz zur Braut Weiß tragen, was mir schon eher einleuchtet und auch gelegen kommt. Wie soll man sonst als total aufgeregter Bräutigam in dem Durcheinander vor der Kirche auch die Richtige herausfischen? Was da alles passieren kann …
Nichts desto trotz werde ich mich jetzt auf die Suche nach einem passenden Fummel machen, meine Ausgehschühchen putzen und mich so gut es geht in den Konventionen bewegen, die die Gesellschaft bei einem solchen Anlass vorgibt. Und ich bin mir sicher, dass ich es diesmal besser hinbekomme, als bei der Beerdigung, auf der ich kürzlich war …