„Barbie“: Feminismus zwischen Kult, Kunst und Konsum

„Barbie“: Feminismus zwischen Kult, Kunst und Konsum

Seit Monaten ist der Hype um Greta Gerwigs „Barbie“ riesig. Jetzt kommt der Film mit Margot Robbie und Ryan Gosling als Barbie und Ken endlich in die Kinos. Trotz seiner besonderen Ästhetik und einer nicht unwichtigen Botschaft bleibt am Ende allerdings wenig hängen.

Kaum ein Film hat so lange und so pinke Schatten vorausgeworfen, wie „Barbie“. Grund dafür waren nicht allein die viral gegangenen Fotos von Margot Robbie und Ryan Gosling, die als Barbie und Ken in neonfarbenen 80er-Jahre-Klamotten auf Rollerblades am Venice Beach durch die Menge kurvten. Auch, dass die zum Leben erweckte Kultpuppe als Ikone für gelebten Feminismus ins Rennen gehen sollte, ließ die Erwartungen an den Film in die Höhe schnellen.

Doch was kann und darf man von einer Produktion erwarten, die zum einen mit Greta Gerwig eine feministische Filmemacherin auf dem Regiestuhl sitzen hat, und die zum anderen von „Barbie“-Hersteller Mattel finanziert wird? Bereits im Vorfeld wurde die Merchandise-Maschinerie angeworfen, und schon jetzt kann man sich dort angesichts der eintrudelnden Umsätze sicherlich ins Fäustchen lachen. Wie gehen diese Dinge also zusammen?

Barbies ernüchternder Trip in die Realität

Barbie (Margot Robbie) lebt ihr schönstes Leben im friedlichen und farbenfrohen Barbieland, in dem alle Frauen Barbies sind, alle Berufe und alle wichtigen Positionen bekleiden und in dem alle Kens lediglich als schmückendes Beiwerk dienen. So kann Ken (Ryan Gosling) den Sinn in seiner Existenz nur dann erkennen, wenn ihn seine Barbie wahrnimmt. Ohne sie ist er nicht mehr als ein hübsches Nichts. Eines Tages wird die Idylle der geschlechtsteillosen Einwohner dieser pinken Parallelwelt allerdings empfindlich gestört.

Plötzlich berühren Barbies Fersen den Boden, ist ihr Plastiktoast verbrannt, ihre imaginäre Milch abgelaufen – und selbst der Tod dringt in ihre sonst so plüschige und eher durch eine angenehme Leere bestimmte Gedankenwelt vor. Diese negative Energie hat ihren Ursprung bei Barbies Spielführerin in der echten Welt und schwappt nun ins Mädchen-Paradies herüber.

Also macht sie sich gemeinsam mit Ken auf den Weg in die Realität, um die frustrierte Besitzerin ihrer Puppe zu finden und die Ordnung wieder herzustellen, was für noch mehr Chaos sorgt. Denn kaum angekommen, entdeckt Ken die Vorteile des Patriarchats. Zurück in Barbieland will er seine Erkenntnisse natürlich umgehend anwenden, um endlich auch mal Oberwasser zu haben. Nun ist es an den Barbies, sich als geschlossene Einheit gegen die aufbegehrenden Kens zu stellen.

Gute Gags, laue Botschaften

Diese bedingt tiefgründige Geschichte mit feministischer Botschaft wird eingebettet in aufwendige Tanzeinlagen und Gesangsperformances, bei denen der wasserstoffblondierte Ryan Gosling zur Höchstform aufläuft. Die skurrilen Kulissen und originellen Kostüme sorgen für eine besondere und bislang nie dagewesene Ästhetik. Das Puppenhafte von Barbie bringt die perfekt besetzte Margot Robbie auf den Punkt.

Leider ist der Film bei allem Potenzial dann aber doch nur eine Aneinanderreihung unterhaltsamer Effekte, kitschiger Hollywood-Momente, origineller Gags und altbekannter Mann-Frau-Klischees. Irgendwie will der Funke nicht überspringen, sodass der Eindruck nie ganz verschwindet, hier einfach nur einer zweistündigen Mattel-Werbeshow zuzuschauen, die zwar viele schöne Ideen, sonst aber wenig Nachhaltiges zu bieten hat. Da hilft es auch nicht, dass die Männer in der Mattel-Chefetage ausnahmslos als Trottel dargestellt werden, denen Barbie weit überlegen ist. Ob dieser Seitenhieb den finanzkräftigen Auftraggeber verhöhnen will oder sie einfach nur sympathischer wirken lassen soll, bleibt offen.

Von Gleichberechtigung keine Spur

Natürlich kann man sich herrlich über Stereotype amüsieren, und sicherlich gelingt es Greta Gerwig, die zuvor bei großartigen Filmen wie „Lady Bird“ und „Little Woman“ Regie führte, nicht komplett in Plattitüden abzurutschen. Aber ganz ohne kommt sie eben auch nicht aus. Da ist die alleinerziehende Mutter mit ihrer aufmüpfigen Teenager-Tochter, die durch Barbies Erscheinen wieder zueinander finden. Oder der Geist von „Barbie“-Erfinderin Ruth Handler, der noch immer im Hause Mattel herumspukt und eine wichtige Message für das „Kind“ Barbie in petto hat.

Besonders schwierig wird es beim Thema Gleichberechtigung. Die Männer in Barbieland haben vor und nach ihrer Revolte noch weniger zu melden als die Frauen in unserer Welt. Von Gleichstellung, die es eigentlich anzustreben gilt, kann also auch hier absolut keine Rede sein.

Und so fragt man sich schon recht früh, wo Gerwig und Mattel eigentlich so ganz genau mit diesem Film hinwollen. Nach 115 Minuten kommt man unter Umständen zu dem Schluss, dass man sich zwar in weiten Teilen gut unterhalten fühlte, es vor allem aber darum ging, „Barbie“-Ladenhüter sowie neu produzierte Merch-Artikel unter die Leute zu bringen. Dem Hype, den der Film im Vorfeld auslöste, wird er so nur leider nicht gerecht. Mehr als ein bisschen gute Sommerlaune und eine Lektion „Feminismus für Dummies“ bleiben nicht hängen. Außer natürlich das Bild des platinblonden Ryan Gosling mit Sixpack. Aber das ist ein anderes Thema.

Previous post Hübner & Manthei: „Eine Freundschaft, die durch Metal geheilt wird“
Next post Monumentaler „Oppenheimer“ mit Knalleffekt