Dass die Editors ihren Geheimtippstatus zugunsten dem eines massenkompatiblen Phänomens einbüßten, geschah schon vor einigen Jahren. Als ihre Debütsingle „Bullets“ in 2005 ohne Umschweife in den UK-Charts landet und bei den dortigen Radiostationen zum meistgespielten Song des Jahres avanciert, sind die Editors bei uns noch kein Thema.
Auch Single Nr. 2, „Munich“, und das dazugehörige Album „The Back Room“ werden in Teilen Europas ein Erfolg, während Deutschland erst mit dem zweiten Longplayer, „An End Has A Start“, in 2007 auf die Jungs um Sänger Tom Smith aufmerksam wird. Zwei weitere Jahre später gelingt ihnen schließlich mit „In This Light And On This Evening“ inklusive der Single „Papillon“ auch hier der Durchbruch. Welchen Einfluss tatsächlich der Ausstieg von Gitarrist und Keyboarder Chris Urbanowicz in 2012 auf den Sound und die Veröffentlichung des vierten Albums hat, weiß nur die Band selbst, doch sei die Entscheidung mit Blick auf die zukünftige musikalische Ausrichtung mit großer Schwermut getroffen worden – heißt es.
Nichtsdestotrotz ist nun, vier Jahre nach dem letzten Album, die Zeit reif für ein neues, das nun in Form von „The Weight Of Your Love“ verfügbar ist. Und vier Jahre sind eine lange Zeit in einem so schnelllebigen Geschäft wie dem Musikbusiness. Standen die Editors seinerzeit noch mit Bands wie The Killers an vorderster Front der Rockbands jüngerer Zeit, verblasste ihr Antlitz abseits ihrer eingeschworenen Fangemeinde zusehends. Erscheint in diesem Fall ein neues Album, muss es den gemeinen Musikliebhaber schon sehr überzeugen, das gesamte Repertoire der Band abrufen und ihn daran erinnern, warum er sie einst mal mochte. Gelingt eben das mit „The Weight Of Your Love“? Die Antwort lautet: Ja! Und mehr als das …
Gelang es nicht zwingend, mit allen Songs der vorangegangenen Werke vollends warm zu werden, gibt es auf „The Weight Of Your Love“ kaum einen Track, der einen nicht auf die eine oder andere Art berührt. Hymnenartige Nummern mit viel Pathos sichern den Editors absolute Stadiontauglichkeit zu und wechseln sich mit dunkle Synthiepop-Stücken ab, die eine andere Seite des Songwritings präsentieren. Mitunter fühlt man sich an Bands wie U2 und die Simple Minds in ihrer mittleren Schaffensperiode erinnert. Die Editors belegen einmal mehr, dass sie in der Lage sind, großartige Songs zu schreiben, seien hier Bespiele wie „The Weight“ oder „What Is This Thing Called Love?“ genannt, wenngleich nicht alle Stücke des Albums gleich stark sind. Doch macht das nichts, da sie in der Gänze funktionieren. Eine Weiterentwicklung ist ebenso zu bemerken wie eine Rückkehr zu den Indie-Rock-Wurzeln der Band. Und damit ist „The Weight Of Your Love“ ein divergentes und vielgestaltiges Album, das sich gerade nach mehrmaligem Hören so richtig entfaltet.