Mein Leben als Sitcom

Mein Leben als Sitcom

Ich wünschte, mein Leben wäre eine Daily Sitcom. Ich spielte dann die weibliche Hauptrolle, um die sich alles dreht. Die Themen, die Typen, die tragenden Momente. Immer wäre alles furchtbar lustig, sogar wenn es eigentlich furchtbar traurig ist. Jedem noch so deprimierenden Umstand könnte ich etwas Unterhaltsames abgewinnen.

Jede noch so unangenehme Situation würde zur Bühne für meine eigene Selbstdarstellung. Verkorkste Eltern? Wie witzig! Psychotische Ex-Freunde? Knaller Gag! Überdrehte beste Freundinnen? Ein Traum! Überspannte Mitbewohner? Wer wünscht sie sich nicht?

Niemals würde mir länger als 20 Minuten ein peinliches Makel anhaften, denn spätestens mit dem Start der nächsten von 365 Folgen im Jahr hätten alle den Inhalt der vorherigen aufgrund ihrer Bedeutungslosigkeit schon wieder vergessen. Auch würde ich mich einen Dreck um Dinge in der Zukunft scheren, denn die werden nur selten bis nie thematisiert.

Leider ist mein Leben keine Sitcom. Und so muss ich mir schon heute Gedanken über morgen und am besten auch gleich über übermorgen und nächstes Jahr machen. Wo will ich hin, was will ich sein, wie viel dabei verdienen? Wäre ich Teil einer Sitcom, könnte ich ruhig auch mal eine ganze Weile gar nichts machen, denn Loser sind sympathisch und besonders lustig, während sie da so vor sich hin verlieren. Im echten Leben ist das leider keine Option, denn bei mir bezahlt sich die Miete nicht auf gespenstische Art ewig weiter.

Auch gibt es in Sitcoms immer tolle Cliquen, die über Jahre und Jahrzehnte gemeinsam Abenteuer, Freud und Leid – bisweilen sogar Körperlichkeiten – miteinander teilen. Im echten Leben reichen oft schon kleinere Missverständnisse, das Erstgeborene oder nicht zurückgezahlte Schulden, um kehrt zu machen und sich anderen, vermeintlich besseren Freunden zuzuwenden.

Vielleicht ist es am Ende aber auch ganz okay, dass das eigene Leben keine Daily Sitcom ist. Denn ständig von aufgedrehten, oberwitzigen Typen umgeben zu sein, die unfassbar viel quatschen, wenig leisten und am Ende doof dastehen, klingt wie eine fleischgewordene Version von Facebook. Und das wäre wohl eher ein Horrorfilm als wirklich witzig.

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